Softwerkskammern – die informellen Lernorte für Software Craftsman

Software Crafter legen besonderen Wert auf stetige gemeinsame Entwicklung. Gemeinsames Lernen braucht Organisatoren und Lernorte. Ehrenamtlich betriebene Softwerkskammern stellen beides bereit.

Bild: Startseite https://www.softwerkskammer.org/ März 2023

Softwerkskammer Köln 2020 im Interview

Bei meiner Recherche nach der Gestaltung des Lernens der Software Crafter bin ich auf dieses Interview mit den Machern der Softwerkskammer Köln gestoßen. Darin beschreiben sie, was eine Softwerkskammer ist, wen sie ansprechen und was sie anbieten. Auf dem lise-Blogpost kannst Du das Video-Interview sehen, und auch das Transkript. Hier die wichtigsten Aussagen zusammengefasst:

Softwerkskammer generell

  • Softwerkskammer ist eine Organisationsplattform für User Groups in verschiedenen Städten, die sich treffen um sich über Software Crafting auszutauschen. Keine formale Organisation.
  • Eine offizielle Mitgliedschaft gibt es nicht. Jeder, der mitmachen will, ist willkommen. Auch wenn man keinen IT-Background hat , kann man mitmachen.
  • Die Treffen sind kostenlos. Sponsoren stellen Räume und manchmal auch ein kleines Catering.
  • Man trifft sich etwa einmal im Monat in der Region

Ablauf der Treffen

Alle Formate sind interaktiv durch Mitmach-Möglichkeiten:

  • Vorträge mit anschließender DiskussionVorträge mit anschließender praktischer Übung
  • Live-Coding: Einer auf der Bühne schreibt Code, das Plenum schaut zu
  • Pair Programming: Ein Zweier-Team programmiert, an nur einer Tastatur. Beide wechseln sich alle paar Minuten ab.
  • Mob Programming: 5 bis 10 programmieren gemeinsam – an einer Tastatur! Alle 10 bis 15 Minuten wechseln die an der Tastatur.Gemeinsames Anschauen von Videos mit anschließender Diskussion darüber
  • Code Kata Abende: Programmierübungen am eigenen Rechner zu gestellten Aufgaben mit verscheidenen Bedingungen (z.B. ohne Maus, oder in einer bestimmten Sprache, oder Test getrieben, oder Pair-programmiert, oder …

Immer setzt man danach auf den gemeinsamen Austausch:

  • Was man dabei gelernt hat
  • Was einen überrascht hat
  • Welche Fragen dabei aufgekommen sind

Agenda-Setting:

  • Es gibt in jeder Softwerkskammer ein OrgaTeam, das selbst Themen für Treffen setzt.
  • Mit dem Wachsen der jeweiligen regionalen Community kommen immer mehr Themen aus der Community.
    (Erfahrung aus Köln: Zu angekündigten Vorträgen kommen mehr als zu den praktischen Übungen.)

Wirkungen:

Drei Aussagen aus dem Video:

Stefan Scheidt: „… hat mich ein Kollege auch mal angesprochen und gefragt, warum ich an bestimmten Stellen so viel produktiver sei. Wieso geht das bei dir so viel schneller? Ich hatte halt einfach die Zeit, das mal zu üben. Das ist einer der Punkte, der gar nicht so gesehen wird. Dass es tatsächlich was bringt, diese Dinge zu üben.“

Birgit Kratz: „Was ich manchmal glaube, man entwickelt mit der Zeit Gespür für Code. Wie sieht der aus, gefällt der mir, spricht er mich an? Leider ist es so, dass dieses Gespür durch Erfahrung kommt. Die muss man sammeln und das braucht Zeit. Das kann man sich nur über die Zeit erarbeiten. Man muss halt dranbleiben, auch an kleinen Sachen. Man muss hartnäckig bleiben. Und sagen: Es muss auch noch anders gehen und mit diesen kleinen Puzzleteilen sich Erfahrung und dieses Gespür erarbeiten.“

Steve Korzinetzki: „Leidenschaft, besser: Passion – man muss auch schon den Willen und die intrinsische Motivation haben, am Ball zu bleiben. Das kann man niemanden aufzwingen. Das muss auch nicht für jeden passen. Aber das ist schon enorm hilfreich, wenn man Interesse und Wissensdurst hat, die Dinge die man jetzt gemacht hat, beim nächsten Mal besser zu machen. Ich glaube, das Gefühl kennt zumindest jeder. Wenn ich mir meinen Code von vor 2 Wochen oder einem halben Jahr angucke, denk ich mir, das würde ich heute aber anders machen. Und daraus zu lernen, dafür offen zu sein, das ist ein ganz wichtiger Punkt.“

Softwerkskammern: 32 Regionalgruppen, 16 Themengruppen

Bild: Softwerkskammer

Die Zahlen geben die Anzahl der eingetragenen „Mitglieder“ (Email-Listen) in den jeweiligen Gruppen auf der Seite der Softwerkskammer wieder (März 2023).

Etliche Gruppen organisieren ihre Treffen über meetup.com. Ruft man dort „Software Craftsmanship“ auf, dann zeigt meetup 185.981 Mitglieder in 247 Meetups in 155 Städten in 42 Ländern weltweit.

Fazit

Auf den ersten Blick scheinen die Softwerkskammern etwas ganz ähnliches wie die Corporate Learning Community zu sein: Beide ehrenamtlich betrieben, die Entwicklung der jeweiligen Zielgruppen ist das Ziel – über das von- und miteinander Lernen.
Nur scheinen die Software Crafter sehr viel mehr gemeinsam zu lernen, als wir Learning Professionals.

Das gemeinsame von- und miteinander Lernen wirkt wie die DNA der Software Craftsman. Alle Lernformate haben immer einen interaktiven Teil. Vorträge scheinen selten zu sein, und wenn, dann mit einer anschließenden Übung oder Diskussion. Der häufigste Teil der Treffen wird fürs gemeinsame Üben verwendet. Wobei immer betont wird, dass Erfahrene und auch Novizen gleichzeitig willkommen sind. Und die speziellen Übungsformen , wie z.B. Pair Programming (eine Tastatur und zwei Entwickler), fördern das von- und miteinander Lernen in besonderer Weise.

Ganz nebenbei entwickeln alle „Teilgebenden“ (hier ist der Begriff auch passend) ihr persönliches Netzwerk über die Treffen der Softwerkskammern. Das sind hier im wahrsten Sinne „Lern-Netzwerke“.


Dieser Blogpost ist ein weiterer Baustein meiner Recherche zur Software Craftsmanship Bewegung im Rahmen des CLC-Projektes #MeinZiel23.

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