Open Summit – BarCamp als zentraler Kommunikationspunkt der Messe CO-REACH

In 2013 der erste Versuch der NürnbergMesse: Die damals noch „Mailingtage“ genannte Messe mit einem innovativen Konferenzteil, einem BarCamp zu ergänzen. Heute heißt die Messe CO-REACH und das integrierte BarCamp Open Summit 2014 hatte rund 250 Teilnehmer.  Bild: Karlheinz Pape CC BY

Bild: Karlheinz Pape CC BY

Ich erlebte 2 Tage ungewöhnlicher BarCamp-Atmosphäre. Gleich am Eingang Messe Ost in der großzügigen lichtdurchfluteten Vorhalle ein Riesenplakat mit Hinweis auf den dort platzierten Open Summit. Jeder eintretende Messebesucher musste daran vorbei, übersehen ging nicht. Blaue Bodenflächen leiteten zum BarCamp Open Summit, grüne zu den Ausstellungshallen. Morgens um 10.00 Uhr eine kurze Einstimmung „Das ist hier eine Un-Konferenz, also das Gegenteil von einer Konferenz, eher ein großes Pausengespräch“. So der Moderator Stefan Peter Roos auf der kleinen Bühne. Erstaunlich viele Besucher, denke ich bei der auch hier völlig selbstverständlich laufenden Vorstellrunde. Alle halten sich dran: Vornamen und zwei „Tags“, so als machten sie das jeden Tag. Danach füllt sich die Bühne ein wenig zögernd. Manch einer wartet erst ab. Nach und nach werden immer mehr Themen vorgeschlagen. Zu jeder Stunde ein neues Thema in fünf, manchmal sechs Räumen gleichzeitig:

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25 Sessions liefen am Mittwoch, 25.6.2014:

  • Stakeholder Kompass
  • Warum wir Culture Hacking benötigen
  • Best Practice: In 1 bis 2 Tagen zum neuen Shop-Konzept
  • PR 2.0 oder Social Media: Erfahrungen aus dem Mittelstand
  • Erfolgsfaktoren für Corporate Blogging
  • Ego- oder Selbst-Marketing
  • Google Glass ausprobieren
  • Offene Diskussion „DigitalSharecropping“ und Lösungen für eine Zukunft ohne Facebook
  • Facebook und andere Katastrophen
  • Google erreicht Menschen. Ihre Webseite auch?
  • Daten und Kreativität
  • Content-Marketing in Theorie und Praxis
  • Nürnberg Web WeekBanking im Zeitalter des Smartphones
  • Vertrauen aufbauen mit „Links“ – so geht Empfehlungsmarketing für Suchmaschinen
  • Storytelling zum Transport über viele Kanäle (Gunter Dueck)
  • Wie kommunizieren wir in 2030? Session zur Co-Reach Sonderschau
  • Banking im Zeitalter des Smartphones
  • Onpage SEO Klinik – Fit für das Google Ranking
  • Einsatz von Near Field Communication (NFC) für Cross Media Kommunikation
  • Sweat the small stuff – Eine Anleitung für multisensorisches Dialogmarketing
  • HR Innovation
  • Controlling im Online-Innovationsmanagment und Social Media Marketing
  • Innovationsmanagement im Großverlag
  • Temenos – Kulturraum für Kommunikation und Vertrauen
  • Qualifizierte Marktforschung durch systemisches Stellen

16 Sessions am Donnerstag, den 26.6.2014 (früheres Ende und Streik des öffentlichen Nahverkehrs in Nürnberg)

  • How to save 50% of your Online Budget
  • Rechtliche Aspekte des Video-Marketings
  • Qualitative Marktforschung durch systemisches Stellen
  • Data driven Marketing
  • SEO-Tools Hands on
  • Outsource your Live
  • OXID Online shop Marketing
  • Industrie 4.0 geht uns alle an
  • Animations-Tools
  • Wie kommt die Kreativität ins Unternehmen?
  • Google erreicht Menschen. Ihre Webseite auch?
  • Wie kommunizieren wir in 2030? Session zur CO-REACH Sonderschau
  • Reverse Engineer Market Success
  • Most modern PR Technologies
  • Vertrauen aufbauen mit „Links“ – so geht Empfehlungsmarketing für Suchmaschinen
  • Stakeholder Kompass
Bild: Karlheinz Pape CC BY

Bild: Karlheinz Pape CC BY

Insgesamt wurden also 41 Sessions gestaltet, während eines klassischen Messe-Betriebs! Tim Schikora, der mit drei anderen gemeinsam den Open Summit im Auftrag von NürnbergMesse vorbereitet hat, berichtet von rund 200 Anmeldungen bis zum Beginn der Messe CO-REACH. Während der Messe haben sich zusätzlich 90 Personen zur Teilnahme am Open Summit angemeldet. Man kann also von vermutlich 250 tatsächlich „Teilgebenden“ ausgehen (ein paar vermutete No-Shows abgezogen). Damit ist das ungewöhnliche BarCamp Open Summit schon beim zweiten Mal in die Liga der großen BarCamps aufgestiegen.

Die 90 Spontan-Anmeldungen kamen auf jeden Fall aus den Reihen der Messebesucher. Natürlich hat das BarCamp auch Teilgeber angezogen, die aus der gut vernetzten Nürnberger Szene stammen, die vermutlich nicht zur CO-Reach gegangen wären, aber ein Interesse an den Themen Marketing und Social Media haben. Auch das dürfte im Interesse von NürnbergMesse liegen, einerseits wegen der Besucherzahl und andererseits sind das in der Regel auch die Blogger und Twitterer, die mithelfen, die Messe-Botschaften in die Welt zu tragen.

Messebesucher zahlen Eintritt – Open Summit BarCamp-Teilgeber nicht

DSCN4501BarCamps und Messen sind so unterschiedlich, dass man kaum vermutet, dass das zusammen gehen kann. Bei BarCamps sprechen wir von Teilgebern, weil ja jeder in irgendeiner Weise zum Gelingen beiträgt, als Session-Gestalter, in Session-Diskussionen, als Blogger, usw. Wer beiträgt, will dafür nicht bezahlt werden, aber auch nicht zahlen. Bei BarCamps wird höchstens ein finanzieller Beitrag der Teilgebenden für die Verpflegung akzeptiert. MesseNürnberg hat das ganz elegant gelöst: Jeder, der sich vorher zum Open Summit BarCamp angemeldet hat, bekam ein kostenloses 2-Tages-Ticket für die gesamte Messe. Deshalb konnte das BarCamp auch ohne Kontroll-Barrieren integrierter Teil des Messegeschehens sein. Damit wird es aber auch schwierig, die BarCamp-übliche Essens- und Getränke-Voll-Versorgung nur für die BarCamp-Teilgeber zu gewährleisten. Das würden ja die insgesamt 7000 Messeteilnehmer auch gern in Anspruch nehmen. Auch hier eine geschickte Lösung von MesseNürnberg: Extra für den Open Summit Teil gab es eine ganztägige Teilgeber-Betreuung mit zwei Hostessen, an deren Tisch es immer ein paar Gebäckteilchen zur Verfügung standen. Wasser gab es an mehreren Stellen der Open Summit Area, und im extra für den Open Summit blau gekennzeichneten Bereich stand ein Barista, der kostenlos edlen Espresso bereitete. Die Grundbedürfnisse von BarCamp-Teilgebern wurden also alle einfach aber wirkungsvoll befriedigt.

Besonderheiten eines Messe-BarCamps

Community-Building:
Dass ein BarCamp auf einer Messe auch funktioniert, ist mit diesem zweiten Open Summit BarCamp bewiesen. Aus meiner Sicht gibt es aber doch einige Unterschiede zu „normalen“ BarCamps. Wer sich sonst zwei Tage lang zu einem BarCamp begibt, der wird meist integrierter Teil einer Community – zumindest für diese zwei Tage. Ein Teil der Open Summit Teilgeber war auch hier die ganze Zeit im Wesentlichen BarCamp-Teilgeber. Für die war dieser Community-Spirit auch spürbar. Ein größerer Teil war aber nur sporadisch dabei, mal in ein oder zwei Sessions. Innerhalb von Sessions war da kein wesentlicher Unterschied zu spüren. Das auch hier eingeführte und von allen akzeptierte „Du“ wirkte integrierend und kommunikationserleichternd. Innerhalb von Sessions gibt es aber wenig Vernetzungs-Gelegenheit. Deshalb scheint mir gerade bei Messe-BarCamps die strenge Einhaltung der 45 Minuten Session-Zeit mit anschließender 15 Minuten Verteilpause so wichtig. Beim Verlassen des Session-Raumes sind fast alle im Gespräch, das sind die Vernetzungs-Gelegenheiten. Dann darf nicht gleich die nächste Session folgen, zu der mindestens einer der Gesprächspartner eilt.

 

Bild: karlheinz Pape CC BY

Bild: karlheinz Pape CC BY

Transparenz im Messegeschehen:
Die beginnt – wie bei anderen BarCamps auch – schon vor dem Camp, hier vor der Messe. Gerade weil BarCamps bei klassischen Messe-Besuchern noch nicht sehr bekannt sind, ist es erforderlich in der Messe-Kommunikation rechtzeitig und immer wieder auf den integrierten BarCamp-Teil hinzuweisen. Das BarCamp muss auch vorher schon greifbar, vorstellbar werden, um überhaupt ein Interesse zu wecken. Dafür ist hier eine völlig neue Software-Lösung entstanden, der Open Spacer von der Proud Sourcing GmbH, die im Vorfeld Session-Ideen sammelt, Kommentare und Bewertungen dafür zulässt, und beim Camp eine Social-Media-Wall erzeugt, die auf der ganzen Messe auf das aktuelle Geschehen des BarCamps hinweist. Hier die Webseite http://open-summit.com/, die ausschließlich „Open Spacer“ nutzt. Erstaunliche 47 Session-Vorschläge gab es schon vor dem Open Summit 2014 auf dieser Plattform. Ein Hinweis auf ein sehr aktives OrgaTeam, das schon im Vorfeld Interessierte angesprochen hat.

Zentral aber ruhig:
Messen sind laut, viele Menschen bewegen sich vorbei, Konzentration auf ein Thema ist oft schwierig, höchstens Small Talk ist die Folge. BarCamp Sessions brauchen aber Konzentrations- und Intensiv-Gesprächszeit. Das geht nicht gut in einer Ecke der Ausstellungshalle. Die vielen Speaker-Zonen in Messehallen helfen sich mit immer größeren Beschallungsanlagen, um den Geräuschpegel zu überdecken. Keine gute Atmosphäre für intensive Gespräche auf gleicher Augenhöhe, wie wir sie in Sessions suchen. MesseNürnberg hat das gut gelöst: Zentral, jeder musste schon am Eingang dran vorbei, und ruhig, weil in Räumen auf der Empore im ersten Stock der Eingangshalle. Bewusst nicht in der Messehalle, sondern eher die professionelle Konferenzatmosphäre bietend, schien hier die stimmige Überlegung. BarCamps sind professionelle Konferenzen.

Künftig mehr Messe-BarCamps?

Das Beispiel der CO-REACH mit dem integrierten Open Summit BarCamp ist aus meiner Sicht überzeugend gut gelungen. (Nur über den Namen des BarCamp-Teils könnte man schon noch mal nachdenken.) Messen wandeln sich seit einigen Jahren. Die reinen Stand-Präsentationen werden ergänzt mit immer mehr Konferenzanteilen. Bühnen mit einem Vortrags-Programm gibt es in fast jeder Messehalle. Manche Messen laufen schon grundsätzlich mit angeschlossener klassischer Konferenz. Eigentlich sind Messen aber Kontakt-Möglichkeiten von Interessenten mit Anbietern und Experten. Das Messe-Ziel sind aus meiner Sicht persönliche Gespräche, und nicht das stille Zuhören bei Experten-Vorträgen.

Während Gespräche am Messe-Stand eher „Anbieter-Interesse-geleitet“ empfunden werden, könnten die gemeinsamen Gespräche in BarCamp-Sessions das neutrale Gegengewicht zur eigenen Meinungsbildung werden. Es spricht nichts gegen eine Beteiligung von Anbietern in BarCamp-Sessions. Allein, dass dort viele Perspektiven (der anderen Teilgeber) zur Sprache kommen, und zusätzlich interessante Kontakte zu anderen Anwendern entstehen, dürfte sehr hilfreich für eigene Produkt-Entscheidungen sein. Messen dienen dazu, Kauf-Entscheidungen zu erleichtern.

BarCamps könnten zum zentralen und neutralen Kommunikationspunkt für Anbieter wie für Messe-Besucher werden. Das Prinzip der inhaltlichen Selbstorganisation stellt zudem sicher, dass es nur „gewünschte“ Themen und „Teilgebende“ gibt. Die Teilgeber bringen ihre Themen selbst ein, und lassen sich überraschen, wer zu dem Thema auch beitragen will. Vielleicht kommen künftig Messe-Besucher schon mit der Absicht zur Messe, das eigene Problem dort zunächst in einer BarCamp-Session zur Diskussion zu stellen. Um damit schon mal Ideen und Erfahrungen von anderen Teilgebern einzusammeln. Dann laufen auch die Gespräche mit den Anbietern am Messe-Stand viel flotter. Derzeit haben die Anbieter mit ihren aufwändig gestalteten Ständen die Kommunikations-Hoheit bei Messen. Im eingeschwungenen Zustand könnten BarCamps auf Messen den Kaufinteressenten eine deutlich höhere Kommunikations-Macht verschaffen. Das wertet Kauf-Interessenten auf Messen auf. Es wird sich wieder lohnen, solche Messen zu besuchen, bei denen man mitreden darf.

Bild: Karlheinz Pape CC BY

Bild: Karlheinz Pape CC BY

4 Gedanken zu „Open Summit – BarCamp als zentraler Kommunikationspunkt der Messe CO-REACH“

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