“Hier ist ein Ufo gelandet – ein Ufo namens CorporateLerningCamp”, so beginnt das zusammenfassende CLC13-Video von Lutz Berger . Nicht nur für die Fachhochschule Frankfurt ist diese Un-Konferenz noch ungewöhnlich und überraschend, auch für etwa 60 % der „Teilgeber“ war das CorporateLearningCamp 2013 eine neue und inspirierende Konferenz-Erfahrung.
Das CLC13 ist ein professionelles BarCamp für Corporate Learning Professionals. Es gehört in die Kategorie der „Un-Konferenzen“. Dabei werden einige Regeln klassischer Konferenzen einfach umgedreht:
- Nicht der Veranstalter macht die Agenda, sondern die Teilnehmer
- Nicht der Veranstalter sucht die Redner aus, sondern die Teilnehmer bringen die Beiträge selbst ein
- Nicht der Veranstalter organisiert die Einteilung in die parallel laufenden Sessions, sondern die Teilnehmer machen das selbstorganisiert.
Und weil die Teilnehmer so viel beitragen, ist „Teilgeber“ die treffendere Bezeichnung. Irgendwie trägt jeder etwas bei, entweder als Session-Gestalter, oder mit Diskussionsbeiträgen in den Sessions. Auffallend ist der ständige Wechsel zwischen Geben und Nehmen, oder: Mal ist man Lehrender und mal ist man Lernender. Und dass, obwohl etliche Professoren ebenso Teilgeber waren, wie TC-Leiter, Trainer oder Studenten.
Bei BarCamps ist eine weitere Verabredung notwendig: Das Umgehen miteinander auf gleicher Augenhöhe. Das Ansprechen mit dem Vornamen lässt die Titel verschwinden, und dann ist man auch schnell beim Du, dem befristeten BarCamp-Du für die zwei Tage. Erstaunlich, dass das in wenigen Minuten nach der Eröffnung immer gleich fast ohne Probleme funktioniert. Nur ganz wenige fallen doch wieder in das vertraute Sie zurück.
Start am Freitag, 27.09.2013
156 Teilgeber haben sich am Morgen des ersten Tages ganz kurz vorgestellt, Name, Organisation und 2 Stichworte, die einen heute kennzeichnen. Exakt 20 Minuten hat es gebraucht, um die große Bandbreite von Kompetenz im Raum erahnen zu lassen. Trainingsgestalter für die Polizei, Wissenschaftler, Personalentwickler, angestellte und selbständige Trainer, Leiter von Weiterbildungsabteilungen, sogar eine Regisseurin standen für die Vielfalt der Erfahrungen im gerade beginnenden CorporateLearningCamp. Eine erfreulich gute Mischung: Etwas 40 % der Teilgeber kamen aus Personalentwicklung oder Weiterbildung verschiedenster Unternehmen, 20 % aus Hochschulen und Schulen, die Übrigen waren Berater und selbständige Trainer.
Danach der spannende Moment: Wer steht jetzt auf, und schlägt eine Session vor? Entspannt konnten die Veranstalter FH Frankfurt, vertreten durch ihren Präsidenten Dr. Detlev Buchholz, und der Arbeitgeberverband HESSENMETALL mit Charlotte Venema, zusehen wie 24 Personen aufstanden und ein Session-Thema vorschlugen, dass sie 45 Minuten lang gestalten wollten. 6 Räume waren vorbereitet, und 5 Session-Zeiten je Tag nacheinander vorgesehen. Maximal 30 Sessions waren täglich möglich. Es passte also alles. Die Agenda für den Tag war in etwa 30 Minuten gut gefüllt, mit folgenden Themen:
– Lernförderung im Call-Center
– Sonnenschlüssel Konsens-Methode
– Potentialentfaltung beim Lernen
– E-Learning mit HTML5
– Design Thinking ausprobieren
– Infrastruktur für agiles selbstorganisiertes Lernen
– Trainings für 40+
– Mit Videos lernen
– Auf dem Weg zur lernenden Organisation
– Wieviel Spaß beim Lernen ist erlaubt?
– Lernen im Social Web
– Virtual 3D Classroom
– So werden wir lernen
– Videos in wenigen Schritten erstellen
– SKETCHNOTES: visuelle Notizen
– Reverse Mentoring
– BarCamp in Unternehmen?
– Enterprise 2.0 – Ende des Taylorismus
– So werden wir lernen II
– Ununi.tv: Aufbau einer Community
– Scoring als Motivationsfaktor?
– Agiles Lernen
– LernKULTUR
– Corporate Learning – da sind wir drüber weg
Brown Bag Meeting: Mittagspause und Lernen 2.0
Vom CLC13 live ins Internet übertragen wurde das Expertengespräch zum Ende der ersten Themenwoche des gerade angelaufenen MOOC Management 2.0. Das Wochenthema „Lernen 2.0“ passte gut, so dass Teilgeber in ihrer Mittagspause das Interview der beiden Experten Prof. Werner Sauter und Dr. Jochen Robes miterleben und mit Beiträgen ergänzen konnten. Danke an Simon Dückert für die Ausrichtung des Management 2.0 MOOC-Expertengespräches beim CLC13! Die Mittags-Verpflegung dazu gab es stilgemäß in Papier-Tüten!
Flipped Conference / Flipped Sessions
Lutz Berger, vom Sponsor Wissmuth hat uns angeboten, einige Skype-Interviews vor dem Camp zu führen. Diese Gelegenheit haben einige Teilgeber, insbesondere einige Professoren genutzt. Sie haben ihre sonst in der Session zu vermittelnden Inhalte vorab in Interview-Form ins Netz gestellt. Insgesamt 11 solcher Session-Vorbereitungen sind so entstanden. Hier ein schönes Beispiel, auch ohne Interview. Damit bleibt mehr Zeit für die Diskussion – wenn sich alle Session-Teilnehmer die 10 bis 20 Minuten-Videos vorher anschauen. Natürlich war das noch nicht bei allen der Fall. Noch ist es unüblich, vorher die Konferenz-Inhalte aufzunehmen, um dann die wertvolle gemeinsame Zeit zum Austausch oder zum gemeinsamen Erörtern zu nutzen – anstatt nur gemeinsam zuzuhören. Dennoch, die Idee einer Flipped Conference (abgeleitet vom Flipped Classroom) wird auf diese Weise bekannt. Da jeder Teilgeber nur maximal 10 Sessions besuchen konnte, sprechen wir mit diesen 11 Flipped Sessions von der ersten Flipped Conference!
Session-Dokumentation:
Nach dem ermutigenden Erfolg beim CLC12 haben wir wieder versucht, den Teilgebern die synchron entstehende Dokumentation möglichst gut vorzubereiten. Etherpads je Session und eine Wiki-Seite je Session – also beides 60 mal – haben wir vorab eingerichtet. In den Etherpads können 16 Teilgeber gleichzeitig schreiben. Die dauerhafte Ablage soll im Wiki des CLC13 erfolgen. Im Wiki kann aber nur einer gleichzeitig schreiben, deshalb die Bitte an die Session-Gestalter, die Inhalte der Etherpads später ins Wiki zu übertragen. Wenige Tage nach dem CLC13 waren insgesamt 34 Sessions von 48 (71%) von den
Teilgebern dokumentiert – noch hauptsächlich in den Etherpads.
Auch 908 Tweets und 13 Blogs gehören ebenfalls zur Dokumentation des CLC13. (Die Zahl der Blogbeiträge könnte in der Zielgruppe natürlich noch ein wenig höher sein.)
Abendevent am Freitag
Natürlich ohne Programm, dafür mit Buffet und Getränken – und immer in den gleichen Räumen, das hat sich inzwischen als optimal herausgestellt. Start des Abendevents nur 1 bis 1 ½ Stunden nach dem letzten Programmpunkt, damit man auch dableiben kann, wenn das Einchecken im Hotel nicht mehr nötig ist. Etwa 100 Teilnehmer waren abends dann da, eine erfreulich große Zahl. Aus meiner Sicht ist ein BarCamp mindestens zur Hälfte zum Netzwerkbilden und Netzwerkpflegen da. Lernen ist ja die Fähigkeit in relevanten Netzwerken Verbindungen zu knüpfen, laut Konnektivismus-Idee von George Siemens. Damit sind Inhalte nur ein Teilbeitrag zum persönlichen Lernen.
Erneute Sessionplanung am Samstag, 28.09.2013
Jeden Morgen neu planen, auch das hat sich bewährt. Am zweiten Tag gibt es z.T. andere Teilgeber, und am ersten Tag entstehen ja auch Ideen, die man am zweiten gleich gemeinsam bearbeiten kann. Abgesehen davon, dass einige auch erst am zweiten Tag den Mut haben, eine eigene Session zu gestalten. Der zweite BarCamp-Tag hat meist weniger Teilgeber, aber oft noch interessantere Sessions. Hier kamen am zweiten Tag mit 106 Teilgebern deutlich weniger, die haben aber genauso viele Sessions geschafft, wie die 160 am ersten Tag: 24. Die Session-Themen des zweiten CLC13-Tages:
– E-Learning mit HTML5
– „Making of“ Management 2.0 MOOC
– Praxistransfer agiles Lernen
– Chancen, Herausforderungen Inverted Classroom
– Wie kann E-Learning ausgewertet werden?
– Video in beruflicher Bildung
– Rahmenbedingungen für nachhaltiges Lernen
– Verschenktes Potential oder die neue Schere
– CHINDOGO, die Kunst Nichnutzloses zu erfinden
– Wileb – Wir lesen ein Buch
– Doodling & Storytelling
– Videotrainings mit Camtasia
– Lernen und Theater
– Virtual Blended Learning
– Führen aus der Zukunft
– Gefahren des pädagogischen Optimismus
– Live anfassen: Technik und Projektbeispiele
– Eagle – wie Lernen in Amtsstuben kommt
– Fachzeitschrift plus Service
– Design Thinking ausprobieren
– Sonnenschlüssel – Konsens lernen
– Moshi Youth Vilage – Trainingsprojekt Tansania
– Wie lernen Bildungsbereiche?
– Wirtschaft – Wissenschaft: Kooperationen
Teilgeber am zweiten Tag:
Um auch denen, die in der Woche nicht kommen können, eine Chance fürs CorporateLearnngCamp zu geben, haben wir den Termin Freitag und Samstag gewählt. 20 Neue kamen am Samstag, davon übrigens nur 3, die erstmals auf einem BarCamp waren. Der Samstag scheint also nur bei denen akzeptiert, die BarCamps zu schätzen wissen.
Auffallend ist auch, dass ein großer Teil derer, die für Weiterbildung oder Personalentwicklung in Unternehmen zuständig sind, nur den Freitag wahrgenommen haben, so dass am Samstag die schöne Mischung zwischen Theorie und Praxis, zwischen Nutzern und Anbietern nicht ganz so ausgewogen war. Die Sessions waren trotzdem interessant und die Stimmung war auch mindestens genauso gut wie Freitag. Für uns Veranstalter stellt sich allerdings die Frage, ob ein Do / Fr vielleicht der bessere Termin wäre?
Urteile der Teilgeber:
Viele begeisterte, freudige und dankbare Kommentare haben uns im OrgaTeam erreicht. Hier eine kleine Auswahl der Anmerkungen
– Ein sehr abwechslungsreiches Programm hier, obwohl ungeplant
– Habe viele neue Erfahrungen mitgenommen
– Die hierarchiefreie Kommunikation hat mir sehr gut gefallen
– Habe Antworten auf Fragen bekommen und neue Ideen mitgenommen
– BarCamps sind ja angewandtes Wissensmanagement
– Flipped-Sessions waren eine interessante Erfahrung
– Habe wenig Vorträge in den Sessions erlebt, dafür viel Diskussion
– Interessant: Die gemeinsame Dokumentation mit EtherPads
– Musste mich dauernd zwischen interessanten Sessions entscheiden
– Habe Leute aus ganz verschiedenen Bereichen getroffen
– Tolle Atmosphäre hier, locker & trotzdem konzentriert
Fazit des OrgaTeams
Das CLC13 war noch einen Tick besser als das CLC12! Das lag auch an den vielen Praktikern aus Unternehmen, die diesmal in größerer Zahl gekommen sind. 10 Professoren und einige Wissenschaftler brachten nicht nur theoretisches Wissen ein. 13 Chefs großer Weiterbildungsorganisationen aus verschiedenen Branchen stellten sich für den hierarchieübergreifenden Austausch zur Verfügung, So ein BarCamp hängt inhaltlich ja ausschließlich von den Teilgebern ab. Wir hatten ja nur den Rahmen für diesen großen Lernevent zu gestalten. Und – wir sind ganz zufrieden.
An dieser Stelle einen großen Dank an die FH Frankfurt M und an den Arbeitgeberberband HESSENMETALL, die beiden Veranstalter des CLC13. Und natürlich an die vielen Sponsoren, ohne die so eine Großveranstaltung gar nicht möglich gewesen wäre!
CLC14?
Ja, auch nach dem einstimmigen Votum der Teilgeber der Abschlussrunde am Samstag, muss es ein CorporateLearningCamp 2014 geben! Voraussichtlich wieder im Herbst. Wer dazu eingeladen werden möchte, braucht sich nur hier zu registrieren: http://colearncamp.hessenmetall.de/.
Vielen Dank für Deinen Artikel und die ausführliche Doku des CLC13. Leider hatte es mich gesundheitlich erwischt, so dass ich am Freitag vorzeitig abbrechen musste. Wenn es irgendwie klappt, bin ich nächstes Mal wieder dabei. Und vielen Dank für Deine Organisation und Dein Engagement für das Corporate Learning Camp!