Gerade lese ich eine interessante Studie von Bryan Chapman. Aus einer Erhebung bei 249 (vermutlich amerikanischen) Unternehmen zum Entwicklungsaufwand für eine Stunde Training hat er die Ergebnisse veröffentlicht. Die Untersuchung macht einen seriösen Eindruck, weil die Zeitdauer für insgesamt 10 Entwicklungsprozess-Schritte einzeln abgefragt wurde. Die Angabe der aufgewendeten Zeit macht den Vergleich einfacher. Ein Kostenvergleich wäre ungleich schwieriger, weil Kosten in den Unternehmen sehr unterschiedlich zugeordnet werden.
Für Instructor Led Trainings kommen damit im Durchschnitt 43 Stunden Entwicklungszeit für eine Stunde fertiges Training im mittleren Schwierigkeitsbereich zusammen. Für einfache Trainings sind das 22 und für High-end Trainings 82 Stunden Entwicklungszeit pro Trainingsstunde durchschnittlich.
Eine ähnliche Abfrage – mit nur 5 statt 10 Prozess-Kategorien – vor wenigen Monaten in einer Community of Training Practice hat dafür Werte zwischen 4,2 zu 1 und 50 zu 1 für Instructor Led Trainings ergeben. Damit scheint der Entwicklungsaufwand in europäischen Trainingsorganisationen auf den ersten Blick kleiner zu sein. Möglicherweise ist aber auch die Datenbasis für eine solche Aussage noch zu gering.
Bryan Chapman hat in der Untersuchung aber auch nach den Entwicklungszeiten für E-Learnings gefragt. 3 Kategorien von E-Lerning-Produkten werden jeweils abgefragt, diesmal mit Zeitangaben für jeweils 12 Prozessschritte.
- Bei einfachen e-Learnings liegt das Verhältnis bei durchschnittlich 79 zu 1 (von 49/1 bis 125/1)
- bei mittlerem Schwierigkeitsgrad 184 zu 1 (von 127/1 bis 267/1)
- und in der obersten Kategorie liegt der Durchschnittszeit bei 490 zu 1 (von 217/1 bis 716/1) für die Entwicklung einer Stunde (Lernerzeit).
Die Entwicklungszeiten von e-Learnings in unserer o.g. Abfrage übertreffen die Angaben im oberen Bereich deutlich: Der Spitzenfaktor liegt hier bei 2400/1, der günstigste bei 64/1.
Zwei Aussagen kann man den Untersuchungen entnehmen:
- Die Entwicklung von Trainings erfordert sehr unterschiedliche Aufwände – wegen offenbar sehr unterschiedlicher Anforderungen an die Trainings, bzw. sehr unterschiedlichen Basismaterials (Trainings für neue Produkte können z.B. noch auf keine Dokumentation aufsetzen).
- Trainingsentwicklung ist noch immer eine sehr große Anfangsinvestition, die zur Amortisation eine hohe Anzahl zahlender Trainingsteilnehmer erfordert.
Aus dem letzten Punkt entsteht die Frage, auf welche andere Weise wir Lernen für kleinere Zielgruppen unterstützen können, für die die oben genannten Aufwände nicht finanzierbar sind.
Hallo Herr Henkel,
der Entwicklungsaufwand eines neuen Trainings ist in Trainingsorganisationen eine wirklich richtig teure Angelegenheit, 100.000 € kommen da schnell zusammen. Das kann ich aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen. Deshalb verwundert mich die Studie von Bryan Chapman nicht so sehr. Man schaue sich dort nur den Anteil für die Erstellung von Teilnehmer-Unterlagen an, das sind von den durchschnittlichen 43 Stunden Gesamtentwicklungszeit pro Stunde fertiges Training allein schon 15 Stunden (Creation of Handouts + Student Workbook Develepment + Powerpoint / Visual Development), also 35 % der Gesamtzeit. Auch das scheint mir plausibel: Das Erstellen von Teilnehmerunterlagen kostet ein Mehrfaches der eigentlichen Trainingsdauer.
Es kommt aber sicher darauf an, wieviel der Vorbereitung man schon aus anderen Trainings übernehmen kann, wie aufwändig man Teilnehmerunterlagen macht, ob man Testfragen mit erstellen muß, wieviel Pilot-Trainings mit Änderungsaufwand man einplant (ist in der Studie noch gar nicht enthalten).
Aber generell stellt sich natürlich die Frage: Muß das so aufwendig sein? Wie hoch ist eigentlich der Qualitätsverlust, wenn z.B. die Unterlagen nicht so ausführlich gestaltet sind? Wie verändert sich ein Training, das nicht so minutiös vorgeplant ist? Könnte es sein, dass weniger intensive Vorbereitung sogar mehr Freiraum für individuelle Teilnehmerschwerpunkte läßt?
Beste Grüße
Karlheinz Pape
Hallo Herr Henkel,
der Entwicklungsaufwand eines neuen Trainings ist in Trainingsorganisationen eine wirklich richtig teure Angelegenheit, 100.000 € kommen da schnell zusammen. Das kann ich aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen. Deshalb verwundert mich die Studie von Bryan Chapman nicht so sehr. Man schaue sich dort nur den Anteil für die Erstellung von Teilnehmer-Unterlagen an, das sind von den durchschnittlichen 43 Stunden Gesamtentwicklungszeit pro Stunde fertiges Training allein schon 15 Stunden (Creation of Handouts + Student Workbook Develepment + Powerpoint / Visual Development), also 35 % der Gesamtzeit. Auch das scheint mir plausibel: Das Erstellen von Teilnehmerunterlagen kostet ein Mehrfaches der eigentlichen Trainingsdauer.
Es kommt aber sicher darauf an, wieviel der Vorbereitung man schon aus anderen Trainings übernehmen kann, wie aufwändig man Teilnehmerunterlagen macht, ob man Testfragen mit erstellen muß, wieviel Pilot-Trainings mit Änderungsaufwand man einplant (ist in der Studie noch gar nicht enthalten).
Aber generell stellt sich natürlich die Frage: Muß das so aufwendig sein? Wie hoch ist eigentlich der Qualitätsverlust, wenn z.B. die Unterlagen nicht so ausführlich gestaltet sind? Wie verändert sich ein Training, das nicht so minutiös vorgeplant ist? Könnte es sein, dass weniger intensive Vorbereitung sogar mehr Freiraum für individuelle Teilnehmerschwerpunkte läßt?
Beste Grüße
Karlheinz Pape
Hallo Herr Pape,
vielen Dank für Ihre Antwort. Nun ist es klarer. Wir sprechen offenbar von unterschiedlichen Größenordnungen. Ich hatte mir noch nicht so klar gemacht, dass da offenbar zwei Ebenen von Trainingsangeboten existieren. Ich war bislang nur in der unterwegs die ich in meinem Kommentar im Kopf hatte.
Ihre zuletzt gestellten Fragen finde ich sehr interessant, vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt, ob der hohe Aufwand tatsächlich immer zu größerer Wirkung führt. Bei Blended Learning würde ich dies unterstützen, bei ILTs aber auch in Frage stellen.
Mit besten Grüßen
Steffen Henkel
Hallo Herr Pape,
vielen Dank für diesen sehr interesanten Artikel.
Allerdings lässt er mich auch ein wenig ratlos zurück. Ich arbeite nun bereits seit mehr als 10 Jahren im Bereich der beruflichen Weiterbildung und kann mich bzw. die Arbeit meiner Kollegen schwer in diesen Zahlen wiederfinden.
Für die Konzeption eines einfachen Trainingstages rechne ich mit höchsten 2 Tagen Arbeitszeit, also ein Verhältnis 2/1.
Oder denke ich jetzt zu kurz und in die Entwicklungszeit von der die Studie spricht, sind auch alle Stunden enthalten, die ich benötigt habe um überhaupt in die Lage versetzt zu werden ein Training zu halten?
Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Steffen Henkel
Hallo Herr Pape,
vielen Dank für diesen sehr interesanten Artikel.
Allerdings lässt er mich auch ein wenig ratlos zurück. Ich arbeite nun bereits seit mehr als 10 Jahren im Bereich der beruflichen Weiterbildung und kann mich bzw. die Arbeit meiner Kollegen schwer in diesen Zahlen wiederfinden.
Für die Konzeption eines einfachen Trainingstages rechne ich mit höchsten 2 Tagen Arbeitszeit, also ein Verhältnis 2/1.
Oder denke ich jetzt zu kurz und in die Entwicklungszeit von der die Studie spricht, sind auch alle Stunden enthalten, die ich benötigt habe um überhaupt in die Lage versetzt zu werden ein Training zu halten?
Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Steffen Henkel