Mindset von uns Corporate Learning Professionals

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht auf colearn.de, als eine Vorbereitung für den CL Sprint am 13.4.2018

Alle reden davon, dass sich der Mindset, die innere Haltung, ändern muss, um in der immer weiter digitalisierten Arbeits- und Lebenswelt zu bestehen. Dabei schaut man fast immer auf die anderen, die sich ändern müssen. Und meist weiß man auch sehr genau wer sich alles ändern soll – häufig werden Führungskräfte genannt. Das entspricht der typischen Vorgehensweise von uns Learning Professionals: Defizite bei Zielgruppen definieren um Maßnahmen zur Behebung dieser zu entwickeln.

Innere Haltung hat aber niemals ein Defizit. Ich kann auch nichts hinzufügen, was vermeintlich fehlt. Innere Haltung ist das Ergebnis ganz vieler persönlicher Erfahrungen und Wahrnehmungen, die mein Handeln bestimmt und das Handeln anderer bewertet. Somit ist sie also immer richtig – aber auch nicht statisch. Jede prägende Erfahrung kann die eigene Haltung ein wenig ändern.

Viele Mindsets erwünscht?

Noch ein Gedanke bewegt mich in der Mindset-Diskussion: Wäre es denn ein Vorteil, wenn man es schaffen würde die Mindsets der Mitarbeiter einer Organisation gleich auszurichten? Gleiche Einstellungen bringen gleichartige Entscheidungen und Umsetzungen. Auf den ersten Blick sieht das wie ein Traum aller Organisationsentwickler aus: Keine internen Konflikte mehr, schnelle Umsetzungen ohne Widerstand. Aber wissen wir inzwischen nicht von den Vorteilen der Diversität in Teams und in Organisationen? Sind die unterschiedlichen Einstellungen und damit „Sichtweisen“ nicht der Treiber für jede Entwicklung? Zudem: Wer wollte denn bestimmen, welche Einstellung die passende für die Bewältigung der Zukunft ist? Der Bestimmende hat eben auch nur seine ganz persönliche Sichtweise.

Aus meiner Sicht sind viele unterschiedliche Mindsets für jede sich entwickelnde Organisation notwendig. Innovationen entstehen aus unterschiedlichen Sichtweisen und der Auseinandersetzung damit.

Erfahrungen prägen das Mindset

Innere Haltung ist aus meiner Sicht nicht bewusst veränderbar. Sie ist nicht einmal persönlich beschreibbar. Wenn die Summe meiner Erfahrungen meine innere Haltung prägt, dann sind neue Erfahrungen ein wirksamer Schlüssel für die Mindset-Entwicklung. Wenn ich jemanden erlebe, der ungewöhnlich offen kommuniziert, der ungewöhnlich wertschätzend mit Kolleginnen und Kollegen umgeht, der zuhört und erst nimmt, der anderen ungewöhnlich viel zutraut, …. – und das erfolgreich ist – dann ist das so eine Erfahrung, die möglicherweise nach einiger Zeit mein eigenes Verhalten in ähnlicher Weise verändert. Das wäre dann ein äußeres Zeichen für meine Mindset-Änderung.

Mindset-Änderungen brauchen Vorbilder

Natürlich wäre es ideal, wenn der Chef das Vorbild ist. Die Vorbild-Rolle für ein anderes Verhalten kann aber auch von jedem in der Organisation ausgehen. Ein gutes Beispiel dafür sind die vielen Working Out Loud Initiativen in Unternehmen. Einzelne Mitarbeiter beginnen offener zu kommunizieren und ganz bewusst ihr persönliches Netzwerk über Hierarchie- und Abteilungsgrenzen hinweg auszubauen. Das regt andere an, es auch zu probieren – und dabei eine andere Haltung zum persönlichen Netzwerken einzunehmen.

Learning Professionals als Vorbilder?

Wenn innere Haltung, der Mindset so wichtig für das Bewältigen der Digitalisierungs-Herausforderungen ist, dann müssen wir natürlich unseren Beitrag leisten – sonst machen das andere. Da Mindset aber weder vermittelt, noch gelernt werden kann, greifen unsere ganzen Lern-Methoden hier gar nicht. Uns bleibt also nur die Vorbild-Funktion in der Organisation. Und da wie oben beschreiben, es ja auch nicht „das richtige Mindset“ gibt, stellt sich die Frage, wo und wie können wir als Vorbilder in der Organisation wirken?

Mit der Digitalisierung verbinden viele Organisationen die Stichworte: „individuellere Kundenlösungen“, „schneller“ und „vernetzter“. Insbesondere das Arbeiten in und mit Netzwerken scheint mir ein großes Mindset-Thema für die vielen in Abteilungen zu arbeiten gewohnten Mitarbeiter zu sein. Sich unternehmens-öffentlich zu äußern, sich ein eigenes hilfreiches Netzwerk außerhalb der eigenen Abteilung aufzubauen – alles das ist für viele Mitarbeiter noch undenkbar.

Wir Learning Professionals könnten hier die Vorbild-Rolle ganz offen sichtbar im Unternehmen übernehmen, und damit andere anregen, es auch zu probieren: Wir könnten

  • andere einladen einen WOL-Circle mit uns zu gründen – und darüber berichten
  • regelmäßig im sozialen Intranet über unsere Arbeit und unsere Herausforderungen posten
  • Blogposts zu schreiben
  • unser Wissen im Firmenwiki immer wieder für alle zur Verfügung stellen
  • uns im Intranet an Diskussionen beteiligen

Das sind nur einige der Möglichkeiten, die wir intern durch Vormachen anregen können. „Aber das ist doch gar nicht unser Auftrag“ werden jetzt einige sagen, oder „mit dem Bereitstellen von Wissen kannibalisieren wir ja unser Geschäftsmodell“. Genau das ist die Folge unseres Mindsets! Auch wir können unser Mindset nur durch neue Erfahrungen verändern. Begebt Euch auf diesen Erfahrungstrip – und lasst Euch überraschen, was das für Euch, für L&D und für die Organisation bedeutet. Es lohnt sich – ganz sicher.

P.S.: Ein guter Einstieg zum Überdenken des eigenen Mindsets gibt die Zusammenfassung des Corporate Learning Sprints am 13.4.2018 zum gleichen Thema

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