Open Content Akademie war der Titel einer Session, die ich gemeinsam mit Dörte Giebel am letzten Sonntag beim EduCamp machen durfte. Vielleicht ist der Titel ein wenig verwirrend: Es geht eigentlich nicht um Content in dieser Academy: Wenn doch schon heute stetig mehr Lernstoff gut aufbereitet im Internet zu finden und frei zu haben ist, dann wird eine traditionelle Funktion unserer Bildungseinrichtungen langsam überflüssig: Der Transport von Inhalten zum Lernenden. Sehr wahrscheinlich wird es auch in der Regel kaum einem Trainer, Lehrer oder Dozenten künftig noch gelingen, besser zu sein als die beste Aufbereitung im Netz zu dem Thema. Die besten Darstellungen werden sich unter den Lernenden ganz sicher rum sprechen. Wozu sollte man dann noch den eigenen Lehrer dazu hören wollen?
Ist das nur Zukunftsmusik?
Das renommierte und teure MIT macht nun schon 10 Jahre lang vor, dass es kein geschäftlicher Nachteil ist, wenn man die Vorlesungen – den Content – einfach kostenlos für jedermann im Netz verfügbar macht. 200 Universitäten auf der Welt machen das inzwischen ähnlich. Auch unzählige Organisationen und viele einzelne Experten haben ihr Wissen im Netz bereits ebenfalls zur Verfügung gestellt, Tendenz steigend. Hier ein weiteres Beispiel aus einem Blog schon vom Nov 2010 . Und für Schul-Content ist die Khan Academy das wohl bekannteste Beispiel, jetzt auch schon in Deutsch.
Was bleibt dem Lehrenden, wenn der Inhalt wegfällt?
Bisher haben wir immer 2 Aspekte so eng miteinander verknüpft, dass wir sie kaum noch auseinanderhalten können
- die Aufbereitung der Inhalte und der Transport zum Lerner
- und die persönliche Unterstützung der Lerner beim Erarbeiten des Stoffes.
Meine Erfahrung aus betrieblichen Trainingsorganisationen: Die Entwicklung eines neuen Trainings besteht überwiegend aus Entwicklungszeit für die Kursunterlage. Das ist Konzentration auf den Content. Der wird so aufbereitet, dass es der durchschnittliche Lerner, den man sich aus der Zielgruppe vorstellt, eigentlich verstehen müsste. Das dauert schon so lang, und kostet zudem ja auch teure Arbeitszeit, dass anschließend kaum noch Zeit bleibt für die Planung lernunterstützender Maßnahmen.
Das Problem: Nach dem Rollout des neuen Trainings wartet man auf diesen durchschnittlichen Lerner aber immer vergeblich. Jeder Teilnehmer hat so ganz andere Erwartungen oder Vorkenntnisse, so dass der typische Teilnehmer am Ende sagt: „30% des Seminars waren ganz gut, den Rest kannte ich schon oder brauche ich nicht“.
Dabei haben wir uns doch so viel Mühe gegeben mit dem didaktischen Aufbereiten des Inhalts!
Chancen für neue Trainings-Dienstleistungen?
Wenn doch die Content-Vermittlung nicht mehr der Trainingsschwerpunkt sein muss, könnten wir uns viel mehr auf die individuelle Unterstützung des Lernenden fokussieren. Vielleicht ist Lern-Coaching da ein hilfreicher Begriff. Etwas ungeübt fühlt sich das noch an, haben wir uns doch bisher immer gut an den Inhalten festhalten können. Und so wirklich viel fällt uns da auch nicht ein, was das eigentlich sein könnte: Lern-Coaching.
Aber heilsam ist es wohl, sich mal ganz auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren: Wie kann ich den Einzelnen am besten unterstützen, auf seinem eigenen Weg sich das Thema zu erschließen?
- Die Aufgabe muss wohl klar sein, auch Kriterien für die erfolgreiche Erledigun
- Vielleicht macht ein Vorgehensvorschlag Sinn? (Andere sind auf folgenden Wegen …)
- Möglicherweise helfen Hinweise auf vorausgewählten Content?
- Ein dem Lerner hilfreiches regelmäßiges Feedback kann beschleunigen oder erleichtern
- Gemeinsam lernen in einer Community könnte angeregt werden. Evt. die Community dafür „pflegen“.
- …
- …
Da gibt es sicher noch viel mehr, was als konkrete Dienstleistung für Lerner auch seinen Wert hätte. Schließlich geht es immer darum, ob jemand auch bereit ist, für diese Leistung zu zahlen – wenn es nicht mehr um die Inhaltsvermittlung geht. In der Session beim EduCamp haben alle Teilnehmer gesagt, sie würden das tun. Im realen Trainingsgeschäft muss sich so eine „Open Content Academy“ erst noch beweisen.
Dank an Dörte Giebel und die Session-Teilnehmer für die interessante Diskussion!
Vielen Dank für diesen Input. Ich sehe es auch so, dass in Zukunft die Gestaltung des Lernweges Hauptaufgabe von Bildungsdienstleistern sein wird. Aus meiner Sicht ist die größte Herausforderung, die notwendige Reflektionsfähigkeit beim Lerner über das eigene Tun zu schulen. Das setzt eben ganz andere Fähigkeiten voraus als das rezeptive Auswendiglernen, das bis vor wenigen Jahren noch die primäre schulische Erfahrung der meisten Menschen war.
Vielen Dank für diesen Input. Ich sehe es auch so, dass in Zukunft die Gestaltung des Lernweges Hauptaufgabe von Bildungsdienstleistern sein wird. Aus meiner Sicht ist die größte Herausforderung, die notwendige Reflektionsfähigkeit beim Lerner über das eigene Tun zu schulen. Das setzt eben ganz andere Fähigkeiten voraus als das rezeptive Auswendiglernen, das bis vor wenigen Jahren noch die primäre schulische Erfahrung der meisten Menschen war.