Open Badgets: Eine sinnvolle Initiative – auch fürs Corporate Learning

Mozilla Foundation ist als Non-Profit-Organisation den meisten nur über den Firefox-Browser bekannt. Mozilla hat sich nun vorgenommen zum führenden Innovator im Bildungs-Bereich zu werden. Aus meiner Sicht haben sie mit dem Open-Badges-Projekt einen sehr wirkungsvollen Hebel dafür gefunden: Badges sollen künftig die Ergebnisse von Lernprozessen sichtbar machen. Bisher kennen wir das nur am Ende langer Ausbildungen oder nach speziellen Lehrgängen mit Abschlussprüfungen. Nur wenige dieser Diplome oder Zertifikate kann jeder in seinem Leben erwerben und vorweisen.

Damit fällt es jedem schwer, seine im Laufe eines Lebens erworbenen Fähigkeiten und Kompetenzen darzustellen. Wer sich an die Vorbereitung für das letzte Bewerbungsgespräch erinnert, wird das sicher bestätigen. Auch innerhalb des eigenen Unternehmens ist es überhaupt nicht trivial, Experten mit bestimmten Kompetenzen zu finden, weil das nur schwer systematisch erfassbar ist.

“Making it easy to issue and display badges across the web” ist das Motto von Mozilla für das Projekt. Badges sollen technische wie auch soziale Skills einer Person bestätigen. Eine bestimmte Menge spezifischer Badges könnte das Anforderungsprofil einer Funktion ausfüllen. Das Erarbeiten mehrerer Badges könnte andererseits ein Ausbildungsangebot sein.

Noch ist das Projekt in der Testphase bei ausgewählten Organisationen, z.B. der P2P University. Es zeichnet sich aber ab, dass es zwei Arten von Badges geben wird
•    Skill Badges (ausgegeben von Trainings- oder Bildungsorganisationen)
•    Community- oder Peer-Badges (bestätigt von Communities oder einzelnen Experten)

Technisch sollen die Badges in der Cloud verwaltet werden, so dass einzelne Nutzer nur auf die eigenen Badges zugreifen können. Die darf jeder dann so zusammenstellen, wie und wo er mag, z.B. auf der eigenen Webseite, im Email-Abspann, auf seiner Facebook-Seite oder in den „gelben Seiten“ innerhalb seines Unternehmens.

Es gibt eine Reihe von Vorbildern im Netz für solche Abzeichen. Online-Spieler erarbeiten sich bestimmte Level, und bekommen diese dann innerhalb der Community neben dem Namen für jedermann sichtbar bestätigt. Standort- bezogene Netzwerke, wie z.B. https://de.foursquare.com/ , vergeben ebenfalls Badges (häufigster Besucher wird zum Bürgermeister ernannt). Um wieviel interessanter müssten Badges für eigene reale Kompetenzen dann eigentlich sein?

Badges erwerben bei Trainingsorganisationen

Ob sich Badges etablieren werden, ist heute noch nicht klar. Ich halte es allerdings für sehr wahrscheinlich, weil es heute so schwer ist, die im Job erworbene Kompetenz bei einem Wechsel zu belegen. Auch die üblichen Teilnahmebescheinigungen von Weiterbildungsseminaren helfen da nicht so richtig.

Badges bestätigen Fähigkeiten. Die muss man bewiesen haben für die Bestätigung. Was wäre, wenn wir die Erteilung des entsprechendes Badges davon abhängig machen, dass nach dem Seminar die Umsetzung am realen Arbeitsplatz auch wirklich erfolgte? Bestätigen könnte das die Führungskraft oder ein anderer Experte aus dem Unternehmen. Denkbar wäre auch ein Anwendungsbericht des Teilnehmers, der zeigt, ob aus dem Gelernten eine Kompetenz geworden ist.

Badge-Erteilung also als zusätzliche Leistung zum ganz normalen Training. So könnte das am Anfang ohne viel Aufwand umgesetzt werden. Das geht zunächst sogar ohne die Anbindung an die Infrastruktur für Open Badges von Mozilla: Durch Verteilen von persönlichen Badges an die Teilnehmer.

Wenn diese Badges von den Teilnehmern angenommen und im eigenen Netzwerk verteilt werden, dann wirkt das auch positiv für die (im Badge erkennbare) Trainingsorganisation. Möglicherweise ergibt das zusätzliche Nachfrage, in jedem Fall steigt der Bekanntheitsgrad. Und innerhalb von Unternehmen ist das ein deutlicher Schritt zu mehr Kompetenz-Transparenz.

Mittelfristig wird das aus meiner Sicht auch neue Kompetenzentwicklungs-Dienstleistungen auslösen. Badges werden den Fokus auf die Umsetzung am eigenen Arbeitsplatz lenken. Das Seminar wird weniger wichtig werden. Die Unterstützung bei der ungewohnten Aufgabenerledigung wird uns Trainings-Dienstleister neue Workplace-Learning-Angebote abverlangen. Badges werden also auch zu neuen Kompetenzen auf Anbieterseite führen.
Also gleich zwei Gründe, die Badge-Idee einfach mal auszuprobieren.

Hier der offizielle Foliensatz von Mozilla zur Open Badges Idee:
[slideshare id=9270966&doc=mozillaopenbadgespresentation-dmlcompetition-sep2011-finalversion3-0-110915104321-phpapp02]

Ergänzung (05.03.2012): Eine gute Erklärung, wie Open Badges funktionieren.

4 Gedanken zu „Open Badgets: Eine sinnvolle Initiative – auch fürs Corporate Learning“

  1. Ein zweischneidiges Thema, denke ich. Einerseits kann ich aus Schulperspektive sagen, dass es sehr hilfreich und motivierend sein kann, Zertifikate für besondere Leistungen und Kompetenzen in Papierform zu erstellen. Dies ist inhaltlich den vorgestellten Badges sehr ähnlich, soweit ich das überblicken kann.
    Auf der anderen Seite ist zu beobachten, das in Lernszenarien mit Zertifikaten überwiegend nur noch auf die Leistungsnachweise geschaut wird, d.h. beispielsweise im Schulunterricht aber durch die Bachelor-Master Umstellung auch an den Universitäten. Es wird sich von Lernenden weniger daran orientiert, was es herausforderndes zu Lernen gibt sondern viel stärker, welche „Credits“ oder „Noten“ es gibt.
    Zusammenfassend wäre die Verlagerung von Zertifizierungen ins Netz durch Badges ähnlich zu Gaming-Konzepten eine konsequente Weiterentwicklung von (auch und gerade informellen) Lernleistungsbelegen, ähnlich dem Portfolio-Ansatz in der Leistungsbeurteilung, andererseits aber auch nicht zu überschätzen, da gelernte Kompetenzen sich eben nicht einfach vollständig in „Punkte-Pakete“ verpacken lassen.

    1. Danke für den Kommentar. Ja, das mit den bisher verteilten Zertifakten sehe ich auch so. Mein Vorschlag heißt deshalb, den Badge (oder das Zertifikat) erst vergeben, wenn nach dem Kurs am Arbeitsplatz die Umsetzung auch gelungen ist. Das könnte der Chef beurteilen, oder auch der Kursanbieter, der sich von der erfolgten Durchführung überzeugt, z.B. über einen persönlichen Bericht des Lerners (Mini-E-Portfolio).

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