Inflationär kommen die 2.0 Begriffe inzwischen daher, von dem Hype bleibt auch Lernen nicht verschont. Was bedeutet es eigentlich, wenn wir auch von „Lernen 2.0“ sprechen? Gibt es Versions-Nummern beim Lernen?
Übers Lernen wurde viel geforscht und geschrieben. Viele Lerntheorien sind entstanden, aber so richtig überzeugend wirken sie nicht. Lernen scheint ein von Menschen gut beherrschter, aber sehr komplexer Prozess zu sein, der sich so viel verschiedenen Bedingungen anpassen kann, dass eine systematische Beobachtung immer nur in künstlich stark eingegrenzten Situationen möglich ist. Den Gesamt-Prozess des lernenden Individuums haben wir bisher nicht wissenschaftlich erfassen können.
Dabei ist Lernen ein so grundlegender menschlicher Vorgang, der uns allen sehr vertraut ist. Lernen ist der Prozess, der unsere eigene Entwicklung ermöglicht, befördert und stattfinden lässt. Ein ureigener automatisch ablaufender Prozess, den wir nicht erst lernen müssen, so wie auch das Atmen, oder das Verdauen. Auffällig bei diesem Entwicklungsprozess – der aus meiner Sicht ein ganzes Leben lang ununterbrochen stattfindet – ist die Interaktion mit der Umwelt, und dort überwiegend mit anderen Menschen (auch Werken von anderen Menschen, wie Bücher, Dokumente, …). Lernen ist in jedem Falle eine Folge von Interaktionen.
„Interaktion bezeichnet das wechselseitige Aufeinandereinwirken von Akteuren oder Systemen und ist eng verknüpft mit den übergeordneten Begriffen Kommunikation, Handeln und Arbeit. Manchmal werden diese Begriffe sogar synonym verwendet.“ (Wikipedia-Definition) Genau so könnte man auch das Web 2.0 definieren, als wechselseitiges Aufeinandereinwirken von Akteuren. Damit wird die darunterliegende Technik nicht mehr isoliert betrachtet, erst mit dem Interagieren der Akteure wird die Internet-Infrastruktur zum Web 2.0.
So gesehen ist Lernen 2.0 eine treffende Bezeichnung für den Gesamtprozess von Interaktionen die Menschen mit Menschen und auch mit anderen Informations-Quellen haben. Technik kann diesen Prozess unterstützen und beschleunigen, ist aber keine notwendige Voraussetzung für Lernen – für den Prozess menschlicher Entwicklung. Also eigentlich betreiben wir schon immer Lernen 2.0.
Eine aus meiner Sicht gut passende Vorstellung von Lernen (auch Lernen 2.0) vermittelt die Konnektivismus-Idee von George Siemens und Stephen Downes. Ganz verkürzt sagen sie, dass das Wissen in Netzwerken steckt, und das Lernen die Fähigkeit darstellt, hilfreiche Verbindungen zu Netzwerk-Knoten herzustellen. Eine Vorstellung, die aus meiner Sicht alle Lehr- und Lernsettings leiten sollte.
Ich freue mich drauf, Ideen zu Lernen 2.0 auszutauschen. Ein gute Gelegenheit, dies auch in einem ungewöhnlichen Lernsetting zu tun, ist der Cogneon KnowledgeJam am 17.5.2013 in Nürnberg. Ich bin auch dabei.
Auch stark verkürzt gesagt ist Konnektivismus wissenschaftlich betrachtet ein (leider zu erfolgreiches) Vermarktungskonzept und KEIN eigenes Lernparadigma (wie Kognitivismus, Konstruktivismus). Gabi Reinmann hat das in ihrem Didaktik-Skript fundiert dargestellt. http://gabi-reinmann.de/?p=3119
Auch stark verkürzt gesagt ist Konnektivismus wissenschaftlich betrachtet ein (leider zu erfolgreiches) Vermarktungskonzept und KEIN eigenes Lernparadigma (wie Kognitivismus, Konstruktivismus). Gabi Reinmann hat das in ihrem Didaktik-Skript fundiert dargestellt. http://gabi-reinmann.de/?p=3119