Marcus Varner hat eine schön anzusehende Infografik erstellt mit auf den ersten Blick erschreckend kleinen Werten erreichter Abschlüsse bei verschiedenen MOOC’s. Aus der Denk-Perspektive Verantwortlicher formaler Bildungsmaßnahmen müssen so geringe Completion-Rates für ein katastrophales Versagen von MOOC’s als Lehr- und Lernformate sprechen.
Nun sind MOOC’s aber auch gut zugängliche freie Angebote, die man mitmachen kann, ohne sich den Regeln einer Bildungsorganisation fügen zu müssen. Man kann einfach mitmachen, weil man am Thema interessiert ist. Das Zertifikat am Ende braucht man möglicherweise gar nicht. Dann bestimmt der Lerner selbst, was er aus dem MOOC mitnehmen will, und was ihn nicht interessiert. Hier wird die Themen-Zusammenstellung eines MOOC als Angebot zur Selbstbedienung wahrgenommen.
Könnten die niedrigen Abschluss-Quoten nicht auch ein sehr ermutigendes Zeichen für autonom handelnde Lerner verstanden werden? Lerner, die sich nicht einem Curriculum unterwerfen müssen, von denen andere meinen, das sei notwendig für sie. Lerner, die selber wissen, was sie jetzt für sich brauchen. Vielleicht sind die MOOC-Lerner ja schon weiter, als die MOOC-Macher denken. Das hätte auch Konsequenzen für den Aufbau eines MOOC: Der thematische Einstieg müsste jederzeit möglich sein, die Module sollten dann relativ unabhängig voneinander bearbeitbar sein.
Für mich wirken die niedrigen MOOC-Abschluss-Quoten eher als ermutigendes Zeichen. Sie stellen in jedem Falle die zielvorgebende und anleitende Rolle von Bildungsinstitutionen in Frage. Bildungsanbieter als Dienstleister würden ganz selbstverständlich ihren erwachsenen Kunden (Lernern) Angebote zur Wahl stellen, und ihren Erfolg nicht daran messen, ob jemand das ganze Angebot komplett nutzt. Bildungsinstitutionen, die „geistige Nahrung“ aufbereiten sind schon irgendwie vergleichbar mit Restaurants: Da würde auch niemand seinen Erfolg daran messen, wie oft das komplette Menü genommen wird.
Derzeit gibt es nach dem Hype um Moocs sicher auch einige die sich die Moocs nur als mooc mal anschauen wollen, anstatt etwas konkret lernen zu wollen. Wäre Interessant einmal die motivation der Mooc-registrierenden zu befragen…
Ich starte jeden MOOC als MOOC-Registrierer, weil ich oft den Kurs kennen lernen möchte:
– Thema, was ich aus dem Titel erwarte
– Niveau für mich passend
– Kurs attraktiv gestaltet
usw.
Erst in einer zweiten Phase werde ich, wenn mir der Kurs zusagt, vom Registrierer zum aktiven Lerner.
Ich muss allerdings sagen, dass Diplome oder Punkte für mich als 54 jährigen Sek. I Lehrer überhaupt keine Rolle spielen. Ich muss nichts, ich kann, darf oder will.
Derzeit gibt es nach dem Hype um Moocs sicher auch einige die sich die Moocs nur als mooc mal anschauen wollen, anstatt etwas konkret lernen zu wollen. Wäre Interessant einmal die motivation der Mooc-registrierenden zu befragen…
Ich starte jeden MOOC als MOOC-Registrierer, weil ich oft den Kurs kennen lernen möchte:
– Thema, was ich aus dem Titel erwarte
– Niveau für mich passend
– Kurs attraktiv gestaltet
usw.
Erst in einer zweiten Phase werde ich, wenn mir der Kurs zusagt, vom Registrierer zum aktiven Lerner.
Ich muss allerdings sagen, dass Diplome oder Punkte für mich als 54 jährigen Sek. I Lehrer überhaupt keine Rolle spielen. Ich muss nichts, ich kann, darf oder will.
Vielleicht noch eine Ergänzung zum „autonom handelnden Lerner“: MOOC-Anbieter haben es halt nicht mehr mit einer Zielgruppe zu tun, deren kleinster gemeinsamer Nenner der Abschluss oder das Zeugnis ist. Sondern mit einer Vielzahl von Interessen und Motiven. Und die kleinste Zielgruppe ist auf einmal die, die sich von vornherein auf das „Durchhalten“ konzentriert. Ich denke, MOOC-Anbieter sind gerade dabei, ihre Zielgruppen neu zu „clustern“ und ihre Angebote möglicherweise daran auszurichten. Die Diskussion um Abschlussquoten bzw. dropout rates schadet ja auch dem eigenen Image …
Danke für den Kommentar! Das scheint mir gut auf den Punkt gebracht: „Die kleinste Zielgruppe ist auf einmal die, die das Zertifikat haben will“.
Vielleicht noch eine Ergänzung zum „autonom handelnden Lerner“: MOOC-Anbieter haben es halt nicht mehr mit einer Zielgruppe zu tun, deren kleinster gemeinsamer Nenner der Abschluss oder das Zeugnis ist. Sondern mit einer Vielzahl von Interessen und Motiven. Und die kleinste Zielgruppe ist auf einmal die, die sich von vornherein auf das „Durchhalten“ konzentriert. Ich denke, MOOC-Anbieter sind gerade dabei, ihre Zielgruppen neu zu „clustern“ und ihre Angebote möglicherweise daran auszurichten. Die Diskussion um Abschlussquoten bzw. dropout rates schadet ja auch dem eigenen Image …
Danke für den Kommentar! Das scheint mir gut auf den Punkt gebracht: „Die kleinste Zielgruppe ist auf einmal die, die das Zertifikat haben will“.
Der Befund ist sicher flexibel deutbar. Nur zu behaupten, dass MOOC-Abschlüsse hinterhergeworfen werden ist glücklicherweise nicht mehr für vertretbar.
Ich kann die Sichtweise, geringe Abschlussquoten als Indikator für autonomes Lernen zu interpretieren, aus pädagogischer Perspektive nachvollziehen. Als Angestellter der FernUniversität in Hagen kenne ich solche autonomen Bildungsaktivitäten sehr gut. Die Studienbriefe waren lange Zeit ein Mittel, um sich punktuell weiterzubilden und dementsprechend wurde auch gerne dafür bezahlt, ohne einen Abschluss anzustreben.
So weit so gut. Aber ein solches Verhalten erzeugt auch Kosten für das Betriebssystem der FernUniversität. Und so hat man nun reagiert und führt eine allgemeine „Flatrate“ Gebühr ein, um die Kosten dafür zu decken. Mit der OER/MOOC-Bewegung ergeben sich hier nun neue Möglichkeiten. Ich bin gespannt, wie kommerzielle Anbieter wie Iversity mit hohen Abbrecherraten umgehen, denn schließlich sind sie ja nicht nur aus rein pädagogischen Gründen auf den Markt getreten. Wenn also Kapitalgeber wissen wollen, was da los ist, zieht das Argument der autonomen Lernenden vielleicht nicht so gut.
Es gibt ja schon Anzeichen, dass Anbieter darauf reagieren und ihre Kurse verkürzen (bei Udacity war das glaube ich so), was ich für sehr problematisch halte. Führt das nicht unweigerlich in eine „Abwärtsspirale“? Braucht es nicht ein verbindliches Kerncurriculum, an dem man egal mit welcher medialen Vermittlungsform nicht vorbeikommt? Ist es nicht Quatsch zu behaupten, man muss heute nicht mehr „alles“ wissen, sondern nur noch wo es steht?
Ich kann die Sichtweise, geringe Abschlussquoten als Indikator für autonomes Lernen zu interpretieren, aus pädagogischer Perspektive nachvollziehen. Als Angestellter der FernUniversität in Hagen kenne ich solche autonomen Bildungsaktivitäten sehr gut. Die Studienbriefe waren lange Zeit ein Mittel, um sich punktuell weiterzubilden und dementsprechend wurde auch gerne dafür bezahlt, ohne einen Abschluss anzustreben.
So weit so gut. Aber ein solches Verhalten erzeugt auch Kosten für das Betriebssystem der FernUniversität. Und so hat man nun reagiert und führt eine allgemeine „Flatrate“ Gebühr ein, um die Kosten dafür zu decken. Mit der OER/MOOC-Bewegung ergeben sich hier nun neue Möglichkeiten. Ich bin gespannt, wie kommerzielle Anbieter wie Iversity mit hohen Abbrecherraten umgehen, denn schließlich sind sie ja nicht nur aus rein pädagogischen Gründen auf den Markt getreten. Wenn also Kapitalgeber wissen wollen, was da los ist, zieht das Argument der autonomen Lernenden vielleicht nicht so gut.
Es gibt ja schon Anzeichen, dass Anbieter darauf reagieren und ihre Kurse verkürzen (bei Udacity war das glaube ich so), was ich für sehr problematisch halte. Führt das nicht unweigerlich in eine „Abwärtsspirale“? Braucht es nicht ein verbindliches Kerncurriculum, an dem man egal mit welcher medialen Vermittlungsform nicht vorbeikommt? Ist es nicht Quatsch zu behaupten, man muss heute nicht mehr „alles“ wissen, sondern nur noch wo es steht?
Das kann ich nur unterstreichen. Es ist nicht dienlich, neue Bildungsangebote mit alten Lehrerwartungen zu verbinden. Ich sehe es als Herausforderung für MOOC-Macher, hier die Weiterentwicklung des Formates zu betreiben und unterschiedliche Module als Konserve vorzuhalten, auch nach dem MOOC. Das schafft natürlich wieder veränderte Monetarisierungsmöglichkeiten. Also nicht einfach. Für Hochschule sicher schwieriger zu realisieren als für Volkshochschulen, die ja nicht so zertifikatsfixiert sind.
Das kann ich nur unterstreichen. Es ist nicht dienlich, neue Bildungsangebote mit alten Lehrerwartungen zu verbinden. Ich sehe es als Herausforderung für MOOC-Macher, hier die Weiterentwicklung des Formates zu betreiben und unterschiedliche Module als Konserve vorzuhalten, auch nach dem MOOC. Das schafft natürlich wieder veränderte Monetarisierungsmöglichkeiten. Also nicht einfach. Für Hochschule sicher schwieriger zu realisieren als für Volkshochschulen, die ja nicht so zertifikatsfixiert sind.