Familienforschung und Wissensmanagement

Die Übergabe der CLC-Steuerung an die CLCfour hat bei mir ganz viel ausgelöst. Ich fühle mich spürbar entlastet. Dieses Freiheitsgefühl stellte sich bei mir bisher immer ein, wenn ein Job zu Ende ging. Irgendwie ist eine Last abgefallen, die ich bisher gar nicht belastend empfunden habe. Ein sehr angenehmes Gefühl – nach etwa 18 Jahren in diesem letzen Job.

Frei sein bedeutet auch Zeit zu haben für ganz andere Dinge. Einer meiner Träume beginnt jetzt wahr zu werden: Ich habe begonnen meine Familien-Geschichte zu erkunden. Leider bin ich schon der älteste in der Familie. Das bedeutet, dass alle anderen, die noch etwas über die Vorfahren sagen könnten, nicht mehr da sind. Jetzt gibt es nur noch spärliche Dokumente und einige alte Fotos, oft mit mir unbekannten Gesichtern.

Reiche Lebenserfahrung der Vorfahren

Dabei haben die Vorfahren so viel erlebt (im wahrsten Sinne des Wortes), von dem wir heute lernen könnten. Meine Großeltern haben z.B. zwei Weltkriege überstanden, die extreme Inflation mit großer Wirtschaftkrise vor 100 Jahren, die Nazi-Zeit. Danach haben die einen Großeltern die Zeit in der DDR erlebt, und die anderen das Leben in der selbständigen politischen Einheit West-Berlin. Alle könnten sehr viel berichten aus ihrem Leben. Aber irgenwie war das zu ihren Lebzeiten für niemanden interessant. Auch ich habe sie nie danach gefragt. Aufzeichnungen darüber waren auch nicht üblich. Ein Tagebuch hat in meiner Familie nur meine Mutter eine Zeit lang geführt.

Familienforschung ist verspätetes Wissensmanagement

Es scheint vielen so zu gehen wie mir: Erst viel zu spät kommt das Interesse am Leben der Vorfahren. Genealogen-Vereine wachsen gerade, haben aber überwiegend ältere Mitglieder. In jungen Jahren hat man ganz andere Interessen. Das Wissen der Familien geht so meist verloren. Offenbar wird es für viele im Alter doch interessant, mehr über die eigenen Vorfahren zu erfahren. Mühselig werden dann Fakten aus Dokumenten gesammelt. Dabei wäre es viel einfacher gewesen, die Vorfahren noch zu Lebzeiten zu befragen. Aufzeichnungen dazu sind heute auch recht einfach: Man kann Gespräche auf jedem Handy als Audio-Datei speichern.

Gesprächsaufzeichnungen sind noch ungewohnt

Verwandte für dauerhaft aufgezeichnete Gespräche zu gewinnen, ist nicht ganz einfach. Einerseits, weil das ungewohnt ist, und andererseits ist man nicht sicher, was damit geschehen wird. Ein großes Vertrauen zum Interviewer ist dafür nötig. Solche persönlichen Aufzeichnungen sind ja auch personenbezogene Daten, und unterliegen damit der DSGVO. Betroffene müssen also der Verwendung zustimmen – solange sie oder er lebt. Nach dem Tod gelten die DSGVO-Einschränkungen nicht mehr.

Das Interesse am eigenen Leben ehrt ja auch

Grundsätzlich berichten Verwandte ja gern über ihre Lebens-Erfahrungen. Meist freut man sich ja, wenn sich jemand dafür interessiert. Eine gute Möglichkeit ist das Einrichten eines Familien-Podcasts, um immer wieder mal verschiedene Familien-Mitglieder zu interviewen, und das allen zur Verfügung zu stellen. Diese Aufzeichnungen geben viel mehr wieder als ein reiner Text: Man hört die Stimme, die Nachdenk-Pausen, die Betonung. Damit bekommen auch spätere Nachkommen noch reichlich Material um sich ein gutes Bild von den Vorfahren zu machen.

Wenn das mit dem Podcast nicht klappt, dann kann man sich auch Notizen machen, bei oder nach Interviews, und diese gut aufheben. Vielleicht kann man in der Familie auch jemanden finden, der wie ein Stadtschreiber, die Familienereignisse notiert und ein paar Interviews führt und notiert.

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man später selbst – oder die nächste Generation – viel über die eigenen Vorfahren wissen will. Nur auf das eigene Gedächtnis sollte man sich da nicht verlassen. Das Wissen festschreiben wenn es aktuell ist, ist besser als es später mühselig und unvollständig zu rekonstruieren.

Die Rekonstruktion nur aus Dokumenten bleibt steril

Von meinem Urgroßvater und Großvater liegen nur noch wenige Dokumente vor. Hier zwei Beispiele, die ihr Leben nur in Fakten beschreiben, aber keine Empfindungen oder Einstellungen der Personen transportieren:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert