Ich bin mal wieder in Berlin. Am 105 Jahre alten Gasometer in Schöneberg rufen ganz oben gelbe Buchstaben “EY ALTER”. Neugier trieb mich hin. Bis zum 19. Januar kann man sich dort täglich mit den Vorteilen vom Älterwerden auseinandersetzen. Die Initiative kommt von Mercedes-Benz.
“Sie ist Teil der Demografie-Initiative „YES – Young and Experienced together Successful“, die einen Kulturwandel im Unternehmen anstößt und die Zusammenarbeit von jungen und erfahrenen Mitarbeitern in der Pkw-Produktion fördert“ wie es auf der EYALTER.com Webseite heißt. Und weiter: „EYALTER fördert die Diskussion und bezieht eine eindeutige Position: Weg von der Defizithypothese des Alters, hin zu einer differenzierten Betrachtung von Mitarbeitern jüngeren und höheren Alters mit Erkennung und Anerkennung ihrer besonderen Potenziale.“
Die interaktive Ausstellung ist gut besucht. Die Menschen stehen an, um an den vielen Geräten ein Gesamtbild über sich und die eigenen Ressourcen zu erhalten. Man geht da wertiger raus, als man rein gegangen ist. Die Ausstellung hinterfragt unsere mit dem Altern verbundenen Vorurteile, und macht sehr nachdenklich. Alte Menschen sind keineswegs weniger lernfähig. Sie haben vielfältige Lebens- und Berufserfahrungen und sie sind i.d.R. sicherer in ihrem Tun, auch zufriedener. In etlichen Kulturen sind sie deshalb auch mehr geachtet als die Jüngeren. Nur bei uns stoßen sie auf Alters-Vorurteile.
Nun gehöre ich ja auch zu den “Alten” in dieser Gesellschaft. Deshalb ist mein Blick auf das Thema sicher nicht neutral. Auch in meiner Erfahrung gibt es innovative Treiber in allen Altersgruppen, und ebenso Mitläufer von jung bis alt. Das noch weit verbreitete Vorurteil, Ältere seien nicht mehr so leistungs- oder lernfähig, ist wirklich falsch. Irgendwo in der Ausstellung kommt die Frage “Was ist besser: Alt oder Jung?” Die Antwort: “Alt und Jung”. Auch hier gilt das Diversity-Vorteils-Prinzip!
Die Ausstellung ist in drei Bereiche aufgeteilt, in denen man sich selbst erfahren kann:
- Dein Alter
- Dein Potential
- Dein Team
Wer noch in Berlin ist, sollte sich die Ausstellung nicht entgehen lassen. Alle Infos gibt es hier.
Die Betrachtung der Älteren als Ressourcen-Träger ist auch für uns Learning Professionals eine noch ungewohnte Denkweise. Sonderprogramme für Ältere sind nicht nötig. Ganz im Gegenteil, wir sollten sie als Wissensträger einsetzen und für Andere nutzbar machen.
Korrektur:
die obige URL zu dem Grobkonzept ist defekt. Hier eine funktionierende Short-URL
https://tinyurl.com/y7ejqnpf
[…..] wir sollten sie als Wissensträger einsetzen und für Andere nutzbar machen. […..]
Da möchte ich ergänzen. In den Jahren 2002 bis 2006 hat das damalige BMFSFJ das Bundesmodellprogramm „Erfahrungswissen für Initiativen“ durchgeführt. Die Zielsetzung war das Erfahrungswissen der Ältern zum Nutzen der Allgemeinheit zu erschließen.
Rund 1.000 Ältere erhielten eine Weiterbildung zu sogenannten seniorTrainerinnen und seniorTrainern. Diese Weiterbildung erfolgte nach einem bundeseinheitlichen Curriculum mit 12 Modulen, z. B. Projektentwicklung, Fundraising, Öffentlichkeitsarbeit u.a. Themen.
Ab 2007 setzen einige Bundesländer die Weiterbildung fort. Im Bayern wurde im Jahr 2009 die Landesarbeitsgemeinschaft EFI Bayern e.V. gegründet, die zunächst das Curriculum weiterentwickelt und dann in den Jahren 2013 und 2014 187 Ältere eine Weiterbildung zu seniorTrainerinnen und seniorTrainern ermöglicht hat. Darüber ist ausführlich berichtet siehe http://efi-by.de/home/ und http://efi-by.de/stab/
Diese Weiterbildung erfolgten ausschließlich in Präsenzveranstaltungen. Tiefergehende Ansätze, um die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, sind nur im efiMOOC erkennbar, der im Herbst 2016 in Zusammenarbeit mit der FH Lübeck durchgeführt wurde.
Ab 2015 hat die Seniorenakademie Bayern (in Zusammenarbeit mit dem StMAS) eine gekürzte Weiterbildung übernommen. Hier wird nach wie vor auf Präsenzveranstaltungen gesetzt.
Es liegt zwar ein Grobkonzept vor, wie man die Weiterbildung „modernisieren“ könnte: siehe http://efi-by.de/home/wp-content/uploads/2018/12/Weiterbildung-Engagementwilliger-zu-seniorTrainerinnen-bzw..-seniorTrainern_2020.pdf
das wird jedoch von den entsprechenden Gremiene, Vereinen, Ministerien nicht beachtet.