Social Video Learning – erste Anmutung

Frank Vohle bewegt sich als hätte er einen Tennisschläger in der Hand, bleibt abrupt in einer irgendwie verbogenen Haltung stehen und fragt, was daran falsch ist. Noch bevor jemand antworten kann, kommentiert er auch schon selber „Fehlhaltung in der linken Hüfte“. Um das Kommentieren geht es ihm. Genau an der Stelle. Und am besten ohne die wirkliche Bewegung anzuhalten. Weitere Kommentare sind willkommen, vielleicht sind die ja auch an ganz anderen Stellen hilfreich. Social Learning ist die Absicht.

Stellt man sich an Stelle von Frank Vohle ein Video eines Tischtennis-Spielers vor, das man anhalten kann, um genau an der Stelle einen Text-Kommentar hinzuzufügen, um Video mit Kommentar mit anderen Lernenden zu teilen – und um weitere Kommentare zu dieser und zu anderen Situationen zu bitten, dann ist das Social Video Learning. Trainer verschiedener Sportarten werden heute so ausgebildet. In Lerngruppen muss jeder „seine“ Sportler beim Training oder Wettkampf „videografieren“ und erste eigene Text-Kommentare situationsgenau platzieren. Zur Ausbildung der anderen Trainer gehört das Ansehen und Kommentieren der Kollegen-Videos – auch der Kommentare der anderen. Man lernt auf diese Weise mit- und voneinander. Und bei Bedarf kann der Bundestrainer auch noch seinen Kommentar abgeben. Alles ganz einfach, Video anhalten und den Text-Kommentar an der Stelle einfügen.

Bild: Pixabay von dietmaha http://pixabay.com/de/tennis-tennis-spielen-dynamik-245210/

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Irgendwas hat mich daran sofort angesprochen. Erstens ist diese Art von gemeinsamem Lernen bei allen sichtbar darstellbaren Abläufen verwendbar, z.B. bei mechanischen Service-Aufgaben. Und Zweitens scheint mir das Kommentieren eines Videos wesentlich leichter als Beschreibungen und Kommentierungen, z.B. in Text-Foren. Das Video transportiert ja schon den ganzen Kontext mit, den man sonst erst mühselig im Text beschreiben müsste. Die Einstimmung passiert quasi automatisch, da reicht dann wohl oft ein Halb-Satz um klarzumachen, was einem hier aufgefallen ist, oder was man anders machen sollte.

Fürs Lernen scheint mir das deshalb interessant, weil es eine Gruppe von Lernenden relativ leicht in die Lage versetzt, ohne viele (geschriebene) Worte voneinander und miteinander zu lernen. Jeder in so einer Lerngruppe ist mal Gebender und mal Nehmender, oder mal Lehrender und mal Lernender. Man muss nur die Kommunikation über den eigenen Lerngegenstand über Video verabreden, aber mit der Möglichkeit des punktgenauen Kommentierens. Die Technologie ist da heut ja keine Hürde mehr, jedes Smartphone gestattet das Aufnehmen von Videos. So ganz nebenbei und fast unbemerkt beginnt das Lernen ja schon bei der Wahl der Aufnahme-Perspektive für das was jetzt kommen wird. Man muss sich Gedanken machen, wie das jetzt ablaufen wird, was wichtig sein könnte, wann man enden will. Und wenn nach der Aufnahme ein erster eigener Kommentar gefordert wird, dann wird man sich das eigene Video noch einmal ansehen, und alle Situationen auf ihre Kommentar-Würdigkeit prüfen. Das fordert die fürs Lernen so wichtige Reflexion, beim Ersteller des Videos und bei den anderen Lernenden, die ebenfalls kommentieren wollen.

Social Video Learning so eingesetzt, fördert selbstgesteuertes Lernen einer ganzen Lerngruppe. Notwendige Experten-Inputs können bei Bedarf ja jederzeit ebenfalls als Kommentar eingefügt werden. Und die selbsterstellten und im Team kommentierten Lern-Videos sind am Ende auch noch als Beiträge fürs E-Portfolio und ggf. für die Zertifizierung verwertbar. Situationsgenau kommentierfähige Videos könnten der Schlüssel für weitgehend selbstgesteuertes Lernen in Lerngruppen sein. Bin sehr gespannt, wie sich diese im deutschen Sport bereits etablierte Idee des Unternehmens Ghostthinker weiterentwickelt.

Hier ein kurzes Interview mit Dr. Frank Vohle auf der didacta 2014: 

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Video-Link: http://www.youtube.com/watch?v=nBovhXbfoqU

 

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