Peter Kruse über eine dynamische Sicht auf Lernen

Eigentlich wollte ich den 3. Teil eines Video-Interviews von Lutz Berger mit Martin Lindner kommentieren, da schlägt mir Youtube am Ende dieses Videos ein Interview mit Peter Kruse zum Blick auf Lernen vor. Bei Peter Kruse kann ich selten widerstehen, und es hat sich diesmal auch besonders gelohnt: Peter Kruse empfiehlt – ja bittet um eine nicht-statische Sicht auf Lernen. Je nach Reifegrad des Lernprozesses fordert er die Unterstützung zum Fehler-Vermeiden oder auch zum Fehler-Machen. Und das gelte nicht nur für Individuuen, sondern auch für Unternehmen.

Das ganze Interview von Peter Kruse ist nur 3:47 Minuten lang, von Lutz Berger bereitgestellt, und eine klare Empfehlung!

Ich habe die wichtigsten Aussagen von Peter Kruse hier als Zitate schriftlich festgehalten:

„Für das Lernen des Einzelnen, brauchen Sie nur bereit sein, sich selber zu beobachten. Das wäre mein große Bitte. Nehmen Sie an, Sie lernen ein Sprache, dann lernen Sie zuerst Vokabeln. Sie lernen einzelne Worte, Sie verstehen Worte, die Ihnen gesagt werden, in dem Sie im Kopf übersetzen. dann irgendwann fängt Ihr Kopf an neu zu ordnen, und Sie hören Sätze, d.h. Sie hören übergeordnete Sinneinheiten. Und irgendwann fangen Sie dann an, nicht mehr Sätze zu übersetzen, sondern nur noch zuzuhören. Das kennen Sie vielleicht, plötzlich fangen Sie an, in der Sprache zu träumen. Sie müssen gar nicht mehr übersetzen. Das sind Ordnungsübergänge in Lernprozessen. Sie werden feststellen, jedes Mal, kurz bevor Sie da neue Lernmuster haben, also das übergeordnete Muster, machen Sie Fehler, die Sie mal als Anfänger gemacht haben. Das heißt, der Organismus destabilisiert das Muster über den Fehler, und ermöglicht sich damit den Sprung zum Neuen.

Wenn Sie jetzt Ihre eigenen Lernwege betrachten, dann sollten sie unterscheiden, zwischen der Phase des optimierenden Lernens, wo sie Fehler vermeiden sollten. Da machen Sie das Bestehende besser. Aber dann manchmal sind Sie an dem Punkt, wo Sie merken, ich werd da nicht mehr besser, noch schneller kann ich im Kopf Worte nicht übersetzen. Und dann gilt es, Fehler wieder zuzulassen. Dann gilt es, sich raus zu kicken aus der alten Stabilität, damit ihr Gehirn ein Chance hat zum nächste Muster zu kommen. Und diese Lernprozesse bei sich selber, bei den Kindern, sensibel zu begleiten, einfach zu wissen, wo ist der Andere in seinem Lernprozess. Ist der kurz vor einem Durchbruch, dann muss ich ihn geradezu feiern, wenn er einen Fehler macht. Oder ist er gerade dabei zu optimieren, dann muss ich ihm jeden Fehler vermeiden helfen.

Das heißt, diese sorgsame Betrachtung des Lernens eigenen Lernens, und des Lernens von anderen Menschen wäre ein große Bitte. Lassen Sie uns doch gegenseitig dabei unterstützen, diese Übergänge zu suchen und zu finden. Dann hätten wir eine Chance, d.h. es geht darum sich selber sorgsam zu beobachten, die Unternehmen in denen man arbeitet, sorgsam zu beobachten. Das gleiche was für das Individuum gilt, gilt auch für das Unternehmen. Wir haben Optimierungsphasen, Sie prügeln das Muster bis an die Kante, Sie merken ich bemühe mich wie verrückt, aber ich komme nicht mehr weiter. Und in dieser Phase müssten Sie eine Kultur haben, die auch Fehler zulässt. Weil, wenn Sie keine Fehler zulassen, wird das Neue keine Chance haben. Da heißt, es geht eben um die strategische Balance. Es ist nicht richtig Fehler zu vermeiden, und es ist nicht richtig Fehler zuzulassen. Es ist richtig, Fehler in einer bestimmten Situation zu vermeiden, und in einer anderen Situation zuzulassen. Man muss es nur unterscheiden können. Das heißt, die große Kunst, ist die Kunst der Unterscheidung. Und wenn wir die miteinander üben, dann haben wir verdammt gute Lernwege vor uns. Dann merkt man auch, dass das nicht trivial ist.“

Ich gebe zu, diese differenzierte Sicht auf Lernen in unterschiedlichen Phasen ist mir neu, aber auch sehr sympathisch. Es macht auch Sinn, wenn man sich Phänomene aus der Chaos-Theorie anschaut: Neues entsteht immer nur am Phasenübergang, meist als Folge einer chaotischen Phase, nach der ein neues Ordnungsmuster einsetzt (das mit dem alten nichts mehr zu tun hat).

2 Gedanken zu „Peter Kruse über eine dynamische Sicht auf Lernen“

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