Konferenz und Un-Konferenz gleichzeitig? Erfahrungen mit „BarCamp-Foren“

Lange habe ich diese Kombination abgelehnt. Mein Argument: Teilnehmer können nicht plötzlich vom Vortrags-Konsumenten-Modus auf den aktiven Beitrags-Modus umschalten. Ein Vorurteil, wie sich jetzt herausstellte.

Erste Versuche im letzten Jahr auf der Conference Tour Weiterbildung 2.0  des eLearning Journals von Frank Siepmann, der gern neue Event-Formate ausprobiert. Zu zwei Vortragsblöcken gab es bei vier ConferenceTour-Veranstaltungen die Wahl-Alternative der sogenannten „BarCamp-Foren“. Während im Saal vier oder fünf Vorträge liefen, konnten sich Teilnehmer im Un-Konferenz-Format BarCamp-Forum zu eigenen Themen im 15-Minuten-Takt austauschen. Das „BarCamp-Forum“ (Wortschöpfung von Frank Siepmann, weil ja kein richtiges BarCamp) bekam im Laufe der Tour immer mehr Zulauf, und die Teilnehmer äußerten Begeisterung für das Format. Regelmäßig wurden mehr Themen von den Teilnehmern vorgeschlagen, als in der Zeit mit 15 bis 20-Minuten-Sessions nacheinander abgearbeitet werden konnten (42 Sessionvorschläge / 19 durchgeführte Sessions). Damit war klar, es funktioniert doch.

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Anfang März 2013 fand ein klassischer Kongress, der Demografiekongress in Frankfurt statt. 400 Teilnehmer aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft kamen schon zum wiederholten Male zu dem Thema zusammen. Am Nachmittag waren Themen-Workshops mit jeweils wieder mehreren Einzel-Referaten vorgesehen. Ich hatte die Moderation für den Workshop „Weiterbildung“ zugesagt. Dem Veranstalter habe ich von den guten Erfahrungen mit dem Nutzen der Expertise des Plenums bei den BarCamp-Foren berichtet, und das gleiche Modell auch für den Demografie-Kongress vorgeschlagen. Mit ein wenig Zögern willigte er ein. Die Ankündigung der BarCamp-Foren war spartanisch ausgefallen, trotzdem kamen etwa 60 mutige Teilnehmer zu diesen BarCamp-Foren.

Wieder eine kurze Einstimmung, diesmal mit einer etwas deutlicheren Betonung auf das „Gleiche Augenhöhe-Prinzip“ bei BarCamps und auch hier. Auf meinen Satz „Bei BarCamps führt man dazu die Anrede mit dem Vornamen ein, und dann ist man schnell beim Du“, sagte gleich jemand, „dann wollen wir das hier genauso“. Das „Du“ hatte ich für die 1 ½ Stunden nicht geplant, aber wenn die Teilnehmer das wollen … Jetzt reizte mich natürlich der Versuch. Also, wir vereinbarten, das „Du“ gilt jetzt für diesen Workshop, danach steht es jedem frei, wieder in den Standard-Konferenz-Kommunikations-Modus überzugehen.

Hier die von den Teilnehmern spontan vorgeschlagenen Session-Themen (8 im ersten Durchgang, 6 beim zweiten), von denen insgesamt 8 nach der Teilnehmerbewertung dran kamen.

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Eine wieder neue Erfahrung: Die Art des Miteinander-Umgehens war auch bei den bisherigen BarCamp-Foren immer bereits nach wenigen Minuten in einem anderen Modus, Teilnehmer möchten sich einbringen, man hört sich gegenseitig zu, die Aktivierung beinahe aller Teilnehmenden erfüllt irgendwie den Raum. Mit der Einführung des Du stieg der Aktivitäts-Level beim Demografiekongress noch einmal. Diskussionen wurden mutiger, Wortmeldungen nahmen zu, Gespräche wirkten vertrauter – so jedenfalls mein subjektiver Eindruck. Und – alle haben das ohne erkennbare Probleme sofort akzeptieren können. Ich hätte mich bis dahin gar nicht getraut das Workshop-Du einzuführen – erst recht nicht auf einer so großen klassischen Konferenz.

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Die Mischung beider Formate – klassische Konferenz und BarCamp-Forum – funktioniert. Das zeigen die insgesamt 10 BarCamp-Foren, die ich bei Konferenzen begleiten durfte. Noch war es allerdings erst die kleinere Zahl der Kongressteilnehmer, die sich für die parallel laufenden BarCamp-Foren interessierten. Es gibt aber keinen Grund, warum das mit den anderen nicht auch funktionieren sollte.

12 Gedanken zu „Konferenz und Un-Konferenz gleichzeitig? Erfahrungen mit „BarCamp-Foren““

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  3. Hallo Karl-Heinz,
    Dein Beitrag ist „just-in-time“ für mich, ich werde Deine Erfahrungen gleich weiter teilen!

    Ich bin nämlich jetzt im Orga-Team des „IsarCamps“, einer zweitägigen Veranstaltung zum Thema „Share Economy“ im Rahmen der Münchener Isarnetz-Woche (http://isarnetz.com/images/isarnetz/2013/Isarnetz_Flyer_2013_7.pdf), und habe bei meiner ersten Teilnahme schon einige Erfahrungen von unseren KnowledgeCamps beisteuern können … 🙂

    Auch da soll es einen Mix aus Vorträgen und Barcamp-Sessions geben, aber statt eines parallelen Angebots würde ich eher eine Variante favorisieren, bei der die Teilnehmer morgens mit Keynotes / Fallstudien / Impulsvorträgen auf die Themen „eingestimmt“ werden und diese in den folgenden Sessions weiter diskutieren können (oder auch nicht …)

    Was hältst Du von diesem Format?
    Das Isarcamp findet übrigens am 07.-08. Juni in München statt – vielleicht hast Du ja Lust auf einen Besuch in München?

    Beste Grüße, Rainer

    1. Hallo Rainer,
      Deine Idee, das BarCamp nach den Keynotes zu machen, ist die noch bessere Variante. Dann gibt es einen klares Ende der klassischen Konferenz und einen klaren Anfang der Un.Konferenz. So würde ich das auch kommunizieren. Meine Versuche mit den BarCamp-Foren sind nur aus der Not geboren, wenn Veranstalter sich noch nciht trauen, die klassische Konferenz zu kürzen und stattdessen das BarCamp beginnen zu lassen. Was ja auch verständlich ist. Bin ja froh, dass so ein langsamer Einstieg möglch und erfolgreich ist.
      Hab mir den Termin des IsarCamps mal reserviert.
      Viele Grüße
      Karlheinz

  4. Hallo Karl-Heinz,
    Dein Beitrag ist „just-in-time“ für mich, ich werde Deine Erfahrungen gleich weiter teilen!

    Ich bin nämlich jetzt im Orga-Team des „IsarCamps“, einer zweitägigen Veranstaltung zum Thema „Share Economy“ im Rahmen der Münchener Isarnetz-Woche (http://isarnetz.com/images/isarnetz/2013/Isarnetz_Flyer_2013_7.pdf), und habe bei meiner ersten Teilnahme schon einige Erfahrungen von unseren KnowledgeCamps beisteuern können … 🙂

    Auch da soll es einen Mix aus Vorträgen und Barcamp-Sessions geben, aber statt eines parallelen Angebots würde ich eher eine Variante favorisieren, bei der die Teilnehmer morgens mit Keynotes / Fallstudien / Impulsvorträgen auf die Themen „eingestimmt“ werden und diese in den folgenden Sessions weiter diskutieren können (oder auch nicht …)

    Was hältst Du von diesem Format?
    Das Isarcamp findet übrigens am 07.-08. Juni in München statt – vielleicht hast Du ja Lust auf einen Besuch in München?

    Beste Grüße, Rainer

    1. Hallo Rainer,
      Deine Idee, das BarCamp nach den Keynotes zu machen, ist die noch bessere Variante. Dann gibt es einen klares Ende der klassischen Konferenz und einen klaren Anfang der Un.Konferenz. So würde ich das auch kommunizieren. Meine Versuche mit den BarCamp-Foren sind nur aus der Not geboren, wenn Veranstalter sich noch nciht trauen, die klassische Konferenz zu kürzen und stattdessen das BarCamp beginnen zu lassen. Was ja auch verständlich ist. Bin ja froh, dass so ein langsamer Einstieg möglch und erfolgreich ist.
      Hab mir den Termin des IsarCamps mal reserviert.
      Viele Grüße
      Karlheinz

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